An vielen Orten der Welt steigen die Temperaturen, verursacht durch die menschengemachte Zunahme von Treibhausgasen. Zu diesen klimatischen Verschiebungen gehören auch Veränderungen der Temperaturextreme: Während die Anzahl von Kältewellen im Winter abnimmt (d. h. sie werden wärmer), nehmen Hitzewellen zu. Seit langem ist bekannt, dass Bäume Temperaturextreme in Wäldern abpuffern, sie reduzieren Hitzewellen im Sommer und Kältewellen im Winter. Nicht klar war bislang, welche Rolle die Anzahl der Baumarten dabei spielt: Können mehr Baumarten Hitze- und Kältewellen besser abpuffern? „Frühere Forschungen haben gezeigt, dass die gepufferten Temperaturen unterhalb der Baumkronen wichtig sind für die Artenvielfalt in Wäldern, da sie die durch den Klimawandel bedingte Verschiebung hin zu Arten, die warme Temperaturen bevorzugen, verlangsamen“, sagt Co-Erstautor Dr. Florian Schnabel von der Universität Freiburg, der die Forschungsarbeit während seiner Tätigkeit bei iDiv und der Universität Leipzig leitete und anschließend in Freiburg fortführte. „Gleichzeitig ist die Auswirkung der Baumartenvielfalt, eine zentrale Facette der Waldbiodiversität, auf die Temperaturpufferung im Wald noch weitgehend unerforscht.“
WELTWEIT GRÖSSTES FREILAND-EXPERIMENT
Um diese Frage zu beantworten, nutzten die Forscherinnen und Forscher den weltweit größten gepflanzten Freiland-Versuch zur Vielfalt von Bäumen im subtropischen China. Im so genannten BEF-China-Experiment wurden mehrere hunderttausend Bäume in Parzellen gepflanzt, die jeweils aus 1, 2, 4, 8, 16 oder 24 verschiedenen Baumarten bestehen. Seit der Gründung von iDiv ist das BEF-China-Experiment eine der wichtigsten Forschungsplattformen von iDiv; es mündete in einer deutsch-chinesischen Gruppe internationaler Nachwuchsforscher, welche die Temperaturmessungen in dieser Studie über sechs Jahre (2015-2020) durchführte.
BAUMARTENVIELFALT PUFFERT TEMPERATUREXTREME
Die Ergebnisse zeigten, dass baumartenreiche Wälder die Temperaturen unter dem Kronendach während Hitzewellen stärker absenken als Wälder mit weniger Baumarten. Am stärksten war der Effekt während der Mittagshitze im Sommer. Auf Versuchsflächen mit 24 Baumarten war die Abkühlung um bis zu 4,4 °C stärker als auf Flächen mit nur einer Baumart.
Gleichzeitig erhöhten artenreiche Wälder die Temperaturen während kalter Winternächte stärker als artenarme. Beim monatlichen Temperaturdurchschnitt fanden die Forscher jedoch keinen Unterschied zwischen unterschiedlich diversen Wäldern.
BAUMKRONENDICHTE UND STRUKTURELLE VIELFALT ERKLÄREN DIVERSITÄTSEFFEKT
Die Forscherinnen und Forscher fanden auch eine mögliche Erklärung, wie sich die Artenvielfalt auf die Temperaturpufferung auswirkt. Versuchsflächen mit vielen Baumarten hatten sowohl eine höhere Baumkronendichte (mehr Blattfläche pro Bodenfläche) als auch eine höhere strukturelle Vielfalt (z. B. eine größere Vielfalt kleinerer und größerer Bäume). Diese Faktoren verbesserten die Temperaturpufferung, eventuell aufgrund einer geringeren Durchmischung der Luftmassen.
„Temperaturpuffereffekte sind gut für Menschen, die während einer Hitzewelle Abkühlung suchen, aber sie wirken sich auch auf das Ökosystem selbst aus“, sagt der Co-Erstautor Dr. Rémy Beugnon von iDiv, der Universität Leipzig und dem Centre d’Ecologie Fonctionnelle et Evolutive. „Ein gepuffertes Klima schafft günstigere Bedingungen für Ökosysteme und schützt die von ihnen erbrachten Leistungen. In einem gepufferten Mikroklima können Wälder besser wachsen und sich besser regenerieren. Auch die Böden funktionieren besser, fördern eine höhere Artenvielfalt, verbessern die Nährstoffkreisläufe und erhöhen die Kohlenstoffspeicherung.“
GUTE GRÜNDE FÜR MEHR ARTENREICHTUM
Die neue Studie liefert ein weiteres Argument, warum mehr Artenvielfalt bei Bäumen gut für Mensch und Natur sein kann. „Obwohl typische Baummonokulturen, wie sie weltweit gepflanzt werden, wichtig für die Holzproduktion sind, weisen sie nicht nur eine geringere Artenvielfalt auf als natürliche oder vielfältige gepflanzte Wälder, sondern erbringen auch weniger andere Leistungen als die Holzproduktion“, sagt der Senior-Autor der Studie Prof. Helge Bruelheide von iDiv und der MLU. „Unsere Studie hat klar gezeigt, dass diese temperaturpuffernde Wirkung baumartenreicher Wälder das Potenzial hat, die negativen Auswirkungen der globalen Erwärmung und der Klimaextreme auf das gesamte Waldökosystem abzuschwächen.“
Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig
Originalpublikation:
Schnabel, F., Beugnon, R., Yang, B., Richter, R., Eisenhauer, N., Huang, Y., Liu, X., Wirth, C., Cesarz, S., Fichtner, A., Perles-Garcia, M.D., Hähn, G.J.A., Härdtle, W., Kunz, M., Castro Izaguirre, N.C., Niklaus, P.A., von Oheimb, G., Schmid, B., Trogisch, S., Wendisch, M., Ma, K. and Bruelheide, H. (2025), Tree Diversity Increases Forest Temperature Buffering via Enhancing Canopy Density and Structural Diversity. Ecology Letters, 28: e70096. https://doi.org/10.1111/ele.70096