VBIO

Rechtliche Grundlagen

Verordnung (EU) Nr. 511/2014 
Die Verordnung regelt die Einhaltung der Vorschriften des Nagoya-Protokolls in der Union durch die Nutzer genetischer Ressourcen (bzw. des darauf bezogenen traditionellen Wissens).
Bis 2027 will die Kommission bewerten, ob mit der Verordnung die Ziele des Protokolls ordnungsgemäß erreicht werden und wie es um ihre Effizienz, Wirksamkeit, Kohärenz, Relevanz und den EU-Mehrwert bestellt ist.

Durchführungsverordnung (EU) 2015/1866
Die Durchführungsverordnung enthält spezielle Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 511/2014 in Hinblick auf registrierte Sammlungen, bewähret Verfahren und die Kontrolle, ob die Nutzer die Vorschriften einhalten.

Leitfaden (Ref.-Nr. 2016/C 313/01)
Dieser Leitfaden zum Anwendungsbereich und den Kernverpflichtungen der Verordnung (EU) Nr. 511/2014 enthält nähere Erläuterungen zu Interpretation und praktischer Anwendung der EU-Regularien.
Dieser allgemeine Leitfaden soll durch sektorale Leitfäden – zum Beispiel zu den Sektoren „Sammlungen“ und „öffentliche Forschung“ ergänzt werden. Diese befinden sich aber noch in der EU-internen Abstimmung (Stand: 02/18)

Das zuständige Bundesamt für Naturschutz weist darauf hin, dass diese Regelungen auf EU-Ebene lediglich solche Maßnahmen beinhalten, die sicherstellen sollen, dass der Zugang zu genetischen Ressourcen (bzw. darauf bezogenem traditionellem Wissen), in Übereinstimmung mit den geltenden ABS-Regelungen des Herkunftslandes erfolgt ist, und dass etwaige Vorteile ausgewogen und gerecht aufgeteilt werden. Dieses Herkunftsland kann auch ein Land außerhalb der EU sein.

Davon zu unterscheiden sind Zugangsregelungen innerhalb der EU-Mitgliedstaaten; denn die EU-Mitgliedstaaten sind frei in ihrer Entscheidung, ob sie den Zugang zu genetischen Ressourcen (bzw. darauf bezogenem traditionellem Wissen) innerhalb ihres Hoheitsgebietes regeln oder freien Zugang gewähren wollen.

In der Konsequenz gibt es in den einzelnen EU-Ländern sehr unterschiedliche Zugangsregelungen.

 

Die Gesetzgebung der EU bildet den Rahmen für die Deutsche Gesetzgebung. Das Gesetz zur Umsetzung der Verpflichtungen nach dem Nagoya Protokoll und zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 511/2014 ist im Juli 2016 in Kraft getreten.

Grundsätzlich ist der Zugang zu genetischen Ressourcen, die innerhalb des Hoheitsbereichs der Bundesrepublik Deutschland in situ gesammelt werden, frei. Er unterliegt lediglich den allgemeinen Beschränkungen des öffentlichen Rechts (z. B. Forstrecht oder Naturschutzrecht) und gegebenenfalls des Privatrechts.

Der ex situ Zugang zu genetischen Ressourcen über eine in Deutschland befindliche Sammlung kann dagegen eventuell an Rechte des Bereitsteller-Landes, in dem die Ressourcen in situ gesammelt wurden, geknüpft sein.

Die Forderung nach dem so genannten Herkunftsnachweis wurde in das deutsche Patentgesetz aufgenommen. Auch die  Biomaterial-Hinterlegungsverordnung wurde entsprechend angepasst

Zuständige nationale Behörde für den Vollzug des Nagoya protokolls ist das Bundesamt für Naturschutz (BfN).

Das BfN bietet für die deutschen Nutzer von genetischen Ressourcen (und darauf bezogenem traditionellem Wissen) bestehen Formblätter bzgl. Sammlungen, bewährte Verfahren und Sorgfaltserklärungen.

Auf internationaler Ebene gibt es weitere internationale ABS-Regelungen. Sie werden allerdings nur angewendet, wenn Sie mit den Zielen der CBD und des Nagoya-Protokolls im Einklang stehen und ihnen nicht zuwiderlaufen (Artikel 4(4) des Nagoya-Protokolls).

Landwirtschaft
Der Internationale Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft (International Treaty on Plant Genetic Resources for Food and Agriculture, ITPGRFA) der FAO enthält spezifische ABS-Regelungen für den Zugang und die Nutzung bestimmter genetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft.
Weitere Informationen zum ITPGRFA

Krankheitserreger
Im Bereich von Humanpathogenen finden sich im Rahmenwerk für pandemische Grippeviren (Pandemic Influenza Preparedness Framework, PIPF) festgelegten Zugangs- und Vorteilsausgleichsregelungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Weitere Informationen zum PIPF

Genetische Ressourcen auf Hoher See

Unter dem Dach der UN Convention on the Law of the Sea (UNCLOS) wurde 2023 die “Convention on the Law of the Sea on the Conservation and Sustainable Use of Marine Biological Diversity of Areas beyond National Jurisdiction” beschlossen. Dieses “BBNJ-Abkommen” ist ein rechtsverbindliches Instrument zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt der Meere in Gebieten außerhalb der nationalen Hoheitsgewalt (i. d. R. jenseits der 200-Meilen-Zone), die als gemeinsames Erbe der Menschheit gelten. 

Gemäß Definition der Marine Genetic Resources (MGR) in Part I, Artikel 1 (8) des BBNJ-Abkommens, müssen fast alle Probennahmen in Meeresgebieten außerhalb der nationalen Jurisdiktion der jeweils verantwortlichen nationalen Behörde gemeldet werden. Sollte eine Probe später kommerziell genutzt werden, muss dies ebenfalls angezeigt werden. Wie daraus später entstehende – monetäre oder auch nicht-monetäre - Vorteile aufgeteilt werden sollen, war lange umstritten. Die Lösung soll ein Ausschuss für Zugang und Vorteilsausgleich (ABS) bringen, der Leitlinien für den Vorteilsausgleich erarbeiten und damit sicherstellen soll, dass der Vorteilsausgleich transparent, fair und ausgewogene erfolgt.

Eine Handreichung der UN erläutert grundlegende Zusammenhänge in einer Handreichung "Arbeiten im Rahmen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD), die für das Übereinkommen im Rahmen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen über die Erhaltung und nachhaltige Nutzung 

Der Standpunkt des VBIO

Der VBIO hat – gemeinsam mit anderen Akteuren aus der Wissenschaft - in unterschiedlichen Zusammenhängen frühzeitig auf den erheblichen Mehraufwand und Beratungsbedarf hingewiesen, der durch die Umsetzung des Nagoya Protokolls entsteht. 
Er hat das Projekt „Nagoya Protkoll Hub“ mit initiiert, das Wissenschaftler informiert und vernetzt.
An vielen Hochschulen sind mittlerweile Servicestellen etabliert, die die betroffenen Biowissenschaftler beraten.

Nach wie vor mühsam ist es, den Überblick über die unterschiedlichen Verhandlungsprozesse zu digitalen Sequenzinformationen im Rahmen von CBD FAO/ITGRFA, BBNJ, WHO CA+, etc. zu behalten, die ihrer jeweiligen Eigenlogik folgen. Der VBIO fordert eine Harmonisierung der Regeln zu DSI – muss aber anerkennen, dass diese prozedural sehr komplex und daher bis auf Weiteres kaum absehbar ist.