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VBIO kommentiert Gesetzesentwürfe zur Umsetzung des BBNJ-Abkommens in Deutschland

Welle im Meer
Bild von Public Co auf Pixabay

Wie zukünftig mit maringenetischen Ressourcen aus der hohen See (BBNJ) umgegangen werden soll, das regelt das internationale  BBNJ-Agreement, das 2023 beschlossen wurde. Im Zuge des Ratifizierungsprozesses in Deutschland wurden jüngst Gesetzesentwürfe vorgelegt, die die Umsetzung des Abkommens näher ausdifferenzieren. Der VBIO hat dazu im Rahmen der Verbändeanhörung Stellung genommen.

Der VBIO begrüßt darin, dass die Bundesrepublik Deutschland beabsichtigt, bei Unterzeichnung, Ratifikation oder Beitritt eine Erklärung abzugeben, der zufolge jegliche rückwirkende Anwendung ausgeschlossen werden soll. Diese Klarstellung wird zu mehr Rechtssicherheit beitragen. 

Ebenfalls zu begrüßen ist, dass die Begriffsbezeichnung von „maringenetischen Ressourcen“ mit der Definition von „Genetischen Ressourcen“ der Biodiversitätskonvention (CBD) übereinstimmt. Allerdings zeichnet sich bei den Begriffen „Nutzung“ und „DSI“ (letzterer auch völkerrechtlich noch in der Diskussion) ein recht weitreichendes Verständnis ab, ohne dass dieses Eingang in die einleitenden Begriffsbestimmungen gefunden hat. 

Als problematisch könnte sich der Anwendungsbereich erweisen: Das Gesetz soll für Tätigkeiten gelten, die deutschen Hoheitsbefugnissen oder deutscher Kontrolle unterstehen, die in Gebieten außerhalb nationaler Hoheitsbefugnisse stattfinden.  Doch was bedeutet dies angesichts der Tatsache, dass marine Forschungsexpeditionen auf hoher See in der Regel international angelegt sind? An Bord sind Forschenden aus verschiedenen Ländern, die ggf. verschiedenen nationalen Umsetzungen des BBNJ-Abkommens unterliegen. Und wie sieht beispielsweise die rechtliche Bindung und Umsetzung aus, wenn die Forschenden nach der Forschungsfahrt nicht mehr in Deutschland sind?

Der Entwurf des Ausführungsgesetzes sieht detaillierte Anzeige- und Mitteilungspflichten vor, die sich – zumal in dem vorgegebenen Zeitraster – auch im Idealfall kaum umsetzen lassen.

Hochproblematisch sind insbesondere die Anzeige- und Mitteilungspflichten für in-situ Sammlungen, die weit über die bisherigen Mitteilungspflichten (z. B. der „Registrierter Sammlungen“ gemäß EU-ABS-Verordnung hinausgehen).

Es wird also in jedem Fall für alle Beteiligten – für Forschende ebenso wie für die Kontrollbehörde – recht aufwändig. 

Während der Erfüllungsaufwand für Verwaltung und Wirtschaft immerhin kalkuliert wird, sucht man Angaben zu finanziellen Belastungen für die öffentlich finanzierte Forschung vergeblich. Der VBIO hat daher im Rahmen der Verbändeanhörung sehr deutlich darauf hingewiesen, dass die im Gesetzentwurf vorgesehenen Berichtspflichten - sollten sie verpflichtend werden - einen erheblichen Mehraufwand für Forschungseinrichtungen von Bund, Ländern und in regionaler Trägerschaft, wie z. B. Naturkundesammlungen bedeuten werden. 


Zum Hintergrund:

Das BBNJ-Agreement ist ein völkerrechtlicher Vertrag zum Meeresnaturschutz innerhalb des Seerechtsübereinkommens der UN (UNCLOS). Wesentliche Ziele sind die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt der Hohen See sowie die gerechte Aufteilung der aus der Nutzung der marinen genetischen Ressourcen resultierenden Vorteile.

Das BBNJ-Agreement stellt rechtsverbindliche Regeln für folgende Bereiche auf:

  • Einrichten von Meeresschutzgebieten mit effektiven Schutzmaßnahmen
  • Verbindliche Umweltverträglichkeitsprüfungen von menschlichen Aktivitäten, die einen wesentlichen Einfluss auf die Meeresumwelt der Hohen See haben
  • Regeln zum Umgang mit genetischen Ressourcen mariner Tiere und Pflanzen der Hohen See
  • Unterstützung zum Schutz und zur nachhaltigen Nutzung der Biodiversität der Hochsee für ärmere Länder des globalen Südens durch Kapazitätsaufbau und Technologietransfer.

Es gibt verschiedene Querbezüge zu weiteren internationalen Abkommen, insbesondere im Rahmen der UN-Biodiversitätskonvention (CBD). 

Mehr: www.vbio.de/themenspektrum/biodiversitaet-auf-hoher-see

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