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Wie in der Tiefsee Spurenelemente rezykliert werden

Lebenswichtige Spurenmetalle wie Eisen oder Zink, werden ins Sediment in der Tiefsee eingelagert. Für das Leben an der Meeresoberfläche sind sie verloren. So dachten Geochemiker:innen über den Kreislauf von Mikronährstoffen im Meerwasser. Nun entdeckten Forschende der ETH Zürich, dass dem nicht so ist. 

Die Ozeane sind voller Leben. Eine wichtige Rolle spielen dabei mikroskopisch kleine Grünalgen, das sogenannte Phytoplankton. Es gedeiht nur in der obersten, lichtdurchfluteten Zone des Meeres. Wie Landpflanzen nutzen die Grünalgen das Sonnenlicht als Energiequelle, um mithilfe der Photosynthese aus CO₂ organische Materie für ihr Wachstum aufzubauen.

Phytoplankton auf Spurenmetalle angewiesen
Damit bindet das Phytoplankton etwa gleich viel Kohlenstoff wie alle Landpflanzen zusammen und ist somit ein relevanter Mitspieler im Klimasystem. Wie die Pflanzen an Land benötigt auch das Phytoplankton neben Kohlenstoff weitere lebenswichtige Bausteine, um zu gedeihen: Stickstoff und Phosphor beispielsweise, also die Elemente, die in Düngemitteln auf landwirtschaftliche Flächen ausgebracht werden, sowie verschiedene Spurenmetalle wie Eisen, Zink oder Kupfer.

Letztere sind jedoch nur in geringen Mengen in Oberflächengewässern verfügbar. Die Forschung geht davon aus, dass vor allem ein biologischer Prozess den lichtdurchfluteten Wasserschichten diese wichtigen Metalle entzieht: Sterben die Algen ab, sinken sie mitsamt den aufgenommenen Spurenelementen in tiefere Wasserschichten. Dort werden die Algenzellen von Bakterien zersetzt, die Metalle werden wieder ins Meerwasser freigesetzt. Dadurch fehlen die Spurenelemente, die das Phytoplankton zum Wachsen und Vermehren braucht, in den lichtdurchfluteten Oberflächengewässern. Um den Kreislauf von Werden und Vergehen wieder in Gang zu setzen, müssen die Spurenelemente jedoch erneut an die Oberfläche gelangen. Wie das geschieht, ist nicht genau bekannt.

Manganoxid-Partikel eliminieren Spurenmetalle
In einer neuen Studie zeigen Geochemiker:innen der ETH Zürich um Derek Vance, dass ein grosser Teil der im Meerwasser gelösten Metalle tatsächlich rasch und dauerhaft aus dem Meerwasser entfernt werden – allerdings nicht durch den biologischen Prozess, sondern durch einen anderen: Die Spurenmetalle werden in feste Manganoxid-Partikel eingebaut. Diese fallen aus dem Meerwasser aus und sinken durch die gesamte Wassersäule hinab bis in das Sediment am tiefen Meeresgrund.

Doch verloren sind sie dadurch nicht: Die Forschenden der ETH haben auch entdeckt, dass in mit Meerwasser gefüllten Sedimentporen chemische Reaktionen ablaufen. Diese lösen die Spurenmetalle aus den festen Manganoxiden wieder heraus. Eisen, Kupfer, Kobalt und andere Elemente diffundieren dann ins Tiefenwasser. Dieses wird samt den Mikronährstoffen durch die weltumspannende Ozeanzirkulation in die Oberflächengewässer zurückgeführt.

Ozeanchemie anders betrachten
«Die Studie verändert unsere Sicht auf die Ozeanchemie und ihre Auswirkungen auf die Meeresbiologie und das Klima», betont Vance. Sie zeige zum ersten Mal, dass diese Mikronährstoffe nicht dauerhaft verloren gehen und beeinflusse damit wesentlich die Forschung über das Meerwasser und zu den vielen Elementen, die für das Funktionieren der Meeresbiologie entscheidend sind.

«Phytoplankton ist für das Klima wichtig, weil es das im Wasser gelöste CO₂ entnimmt, in seine Biomasse einbaut und in die Tiefsee transportiert. Dadurch bleibt der CO₂-Gehalt der Atmosphäre niedriger, als er ohne diese winzigen Algen wäre», gibt der ETH-Professor zu bedenken. Bereits seit Längerem wird darüber diskutiert, das Phytoplankton durch Düngung mit Eisen oder anderen Nährstoffen zum Wachstum anzuregen. Dies soll der Atmosphäre mehr CO₂ entziehen und somit das Klima entlasten.

Tatsächlich hängt die Wachstumsrate des pflanzlichen Planktons massgeblich von der Verfügbarkeit der gelösten Nährstoffe und Spurenelemente im Meerwasser ab, die im oberen, lichtdurchfluteten Ozean sehr knapp sind. «Nur wenn wir verstehen, wie diese Elemente aus dem oberen Ozean entfernt und aus der Tiefe dorthin zurückgeführt werden, können wir sinnvolle Aussagen über das vergangene, gegenwärtige und zukünftige Klima der Erde treffen», sagt Vance.

(Eidgenössische Technische Hochschule Zürich - ETH Zürich)


Originalpublikation:
Du J, Haley BA, McManus J, Blaser P, Rickli J, Vance D: Abyssal seafloor as a key driver of ocean trace-metal biogeochemical cycles, Nature (2025), doi: 10.1038/s41586-025-09038-3