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Endozytose: Neues Interaktionsnetzwerk entdeckt

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Der Adaptorproteinkomplex AP2 (rot) interagiert mit der intrinsisch ungeordneten Domäne von AP180 im Kontext der Clathrin vermittelten Endozytose. Carlos A. Elena-Real

AP180 ist ein Protein, das an der Endozytose und damit an der Signalweiterleitung zwischen Nervenzellen beteiligt ist. Noch nie wurde das Protein, das großteils keine dreidimensionale Struktur besitzt, vollständig untersucht. Mittels Lösungs-NMR-Spektroskopie konnten Wissenschaftler vom Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie (FMP) jetzt erstmals jede seiner 600 unstrukturierten Aminosäuren einzeln anschauen und ein neues Interaktionsnetzwerk entdecken.

Damit Stoffe wie Neurotransmitter, Nährstoffe, aber auch Viren in unsere Zellen gelangen, werden sie an der Zellmembran in Vesikel eingeschlossen und ins Zellinnere transportiert. Diesen Transportprozess nennt man Endozytose. Bei der Clathrin-vermittelten Endozytose bilden gleichnamige Proteinkomplexe ein stabilisierendes Gerüst um die Vesikel, damit die Fracht sicher an ihr Ziel gelangt. Clathrin wird wiederum von verschiedenen Proteinen rekrutiert, eines davon ist AP180. Es ist nur in Neuronen, also Nervenzellen, aktiv und daran beteiligt, die synaptischen Vesikel wieder zu recyceln. Eine wichtige Aufgabe, denn synaptische Vesikel sind essentiell für die Signalweiterleitung zwischen Nervenzellen. Kürzlich wurde AP180 mit neurodegenerativen Erkrankungen in Verbindung gebracht.

Intrinsisch ungeordnete Proteine sind schwer zu untersuchen

Doch wie genau und mit welchen anderen Proteinen AP180 agiert, ist bislang wenig verstanden. Das Problem ist, dass 600 Aminosäuren von AP180 intrinsisch ungeordnet sind, das heißt keine stabile dreidimensionale Struktur haben, weshalb sie extrem schwer zu analysieren sind. Dazu ist die ungeordnete Domäne von AP180 besonders lang. Deshalb wurden bislang nur einzelne Abschnitte analysiert, aber nie die gesamte ungeordnete Domäne im Kontext der Clathrin-vermittelten Endozytose.
Licht ins Dunkel hat nun das Team um Dr. Sigrid Milles vom Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie (FMP) in Berlin gebracht. Mittels Lösungs-NMR-Spektroskopie konnten die Forschenden erstmals die ganze ungeordnete Domäne in voller Länge auf molekularer Ebene untersuchen - und herausfinden, was es wirklich macht: AP180 interagiert nicht nur mit dem Strukturprotein Clathrin, sondern auch mit dem Adaptorprotein-Komplex AP2, und zwar an den vielen kleinen Interaktionsstellen, die man bisher nur mit Clathrin in Verbindung brachte. Zusätzlich haben die Forschenden eine viel größere Interaktionsstelle entschlüsselt, die eine um Größenordnungen stärkere Interaktion aufweist als die bisher bekannten Interaktionsstellen.

Interaktion von AP180 und AP2 war völlig unbekannt

„Wir haben uns Aminosäure für Aminosäure angeschaut und ein bisher unbekanntes Interaktionsnetzwerk entdeckt“, erläutert Samuel Naudi-Fabra, Erstautor der Studie. „Diese Netzwerk konnten wir molekular untersuchen und verstehen jetzt, welche genauen Aminosäuren in AP180 und AP2 an der Interaktion beteiligt sind, welches die Stärke der Interaktion ist und mit welcher Dynamik der Prozess vonstattengeht.“
Die Forschenden vermuten, dass die jetzt entdeckte Interaktion schon ganz früh im Prozess der Clathrin-vermittelten Endozytose stattfindet. Mit der Zeit kommen immer mehr Endozytose-Proteine zusammen, bis sich schließlich ein Vesikel von der Membran abkapselt, um dann eine Fracht wie etwa einen Transmembranrezeptor ins Zellinnere zu bringen.
Die Interaktion zwischen AP180 und AP2 ist also ein wichtiger Wegbereiter für den Transportprozess, aber offenbar nicht der einzige. „Ganz grundlegend zeigt unser Fund erst einmal, dass es zusätzlich zu den bekannten Interaktionen in den frühen Phasen der Clathrin-vermittelten Endozytose, noch viele weitere Interaktionen zu geben scheint“, sagt Gruppenleiterin Sigrid Milles. Insofern habe die Arbeit auch Modellcharakter. „Wir konnten zeigen, dass es möglich ist, sich diese langen ungeordneten Domänen der Endozytoseproteine auf molekularer Ebene anzuschauen und den wichtigen Prozess der Endozytose endlich näher zu verstehen.“

Die Methode ist entscheidend

Ganz entscheidend für die Arbeit war die Methode: Nur die NMR-Spektroskopie erlaubt derart detaillierte und hochauflösende Untersuchungen. Auf diesem Gebiet ist das FMP mit seiner NMR-Facility eine der führenden Forschungseinrichtungen in Deutschland.
Mittels NMR und in Kombination mit anderen innovativen Methoden wie etwa der Einzelmolekül-Fluoreszenzspektroskopie wollen Biophysikerin Milles und ihr Team künftig weitere Details rund um die Clathrin-vermittelte Endozytose enthüllen. Denn die jetzige Entdeckung ist nur ein Puzzleteil in einem komplexen biologischen Prozess, der später auch einmal für das Verständnis von Krankheiten, wie etwa neurodegenerative Erkrankungen, von Bedeutung sein kann.

Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie


Originalpublikation:

Naudi-Fabra, S., Elena-Real, C.A., Vedel, I.M., Tengo, M., Motzny, K., Jiang, P.L., Schmieder, P., Liu, F, Milles, S. An extended interaction site determines binding between AP180 and AP2 in clathrin mediated endocytosis. Nat Commun 15, 5884 (2024). https://doi.org/10.1038/s41467-024-50212-4