In den vergangenen Monaten sind so hohe durchschnittliche Temperaturen an der Meeresoberfläche gemessen worden wie nie zuvor seit Beginn der Satellitenmessungen vor gut 40 Jahren. Die von den Menschen durch den Ausstoß von Treibhausgasen – insbesondere Kohlendioxid (CO2) – verursachte globale Erwärmung ist hauptverantwortlich für die stetig ansteigenden Temperaturen im Ozean, was von Klimamodellen bestätigt wird. Dabei gibt jedoch es markante Unterschiede zwischen den Meeresregionen: Einige Regionen haben sich besonders stark erwärmt, andere sogar leicht abgekühlt. In einer jetzt erschienenen Studie im Fachjournal Nature Communications Earth & Environment berichtet ein Team von Forschenden aus den Forschungseinheiten Maritime Meteorologie und der Physikalische Ozeanographie des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, dass sich Teile des tropischen Pazifiks während der vergangenen Jahrzehnte entgegen der historischen Modellsimulationen weniger stark als im weltweiten Durchschnitt erwärmt oder sogar leicht abgekühlt haben. Dies belegt laut den Forschenden, dass ein verbessertes Verständnis der Klimadynamik in der Region des tropischen Pazifiks notwendig ist, um künftige Klimaveränderungen noch zuverlässiger vorherzusagen.
„Wir benötigen ein noch genaueres Verständnis kleinräumiger Prozesse im Klimasystem“, bekräftigt Professor Dr. Mojib Latif, Erstautor der Studie. „Die Gründe für die Unterschiede zwischen den Modellsimulationen und der tatsächlichen Entwicklung im tropischen Pazifik sind bisher nicht verstanden. Nun müssen wir die Mechanismen hinter dem Abkühlungstrend klären und die Modelle entsprechend erweitern, um die Belastbarkeit von zukünftigen regionalen Klimaprojektionen weiter zu stärken.“
Die Studie liefert Gründe für die unerwartete Temperaturentwicklung im tropischen Pazifik. So dokumentieren die Forschenden stärkere Passatwinde über der Region in den vergangenen vier Jahrzehnten. Diese Verstärkung hat dem durch die Treibhausgase verursachten Temperaturanstieg in der Region entgegengewirkt – sowohl durch dynamische Prozesse im Ozean als auch den Wärmeaustausch zwischen Luft und Meer. Die heutigen Klimamodelle sind bisher nicht in der Lage, die beobachteten Trends in der atmosphärischen Zirkulation abzubilden.
„Der tropische Pazifik ist eine Schüsselregion für Klimaveränderungen. Dies verdeutlicht das sich zurzeit entwickelnde Klimaphänomen El Niño im tropischen Pazifik mit seinen Auswirkungen auf das Weltwetter. Klimamodelle haben das El-Niño-Ereignis schon einige Monate im Voraus korrekt prognostiziert – wie auch die langfristige durch die Menschen verursachte globale Temperaturentwicklung der vergangenen Jahrzehnte“, erläutert Professor Dr. Latif. „Trotzdem können wir uns nicht auf den Erfolgen der vergangenen Jahre ausruhen: Die in unserer Studie vorgestellten Analysen stützen die Annahme, dass eine höhere Modellauflösung und damit einhergehend die Einbeziehung bisher nicht aufgelöster kleinräumiger Prozesse ein wichtiger Schritt sein kann, damit die Klimamodelle auf der regionalen Skala noch genauer werden.“
Dies erfordere einerseits deutlich größere Rechnerkapazitäten und andererseits eine noch engere Verknüpfung der Modelle mit den Messungen. Klar sei aber trotz einiger regionaler Abweichungen zwischen den Modellen und den Beobachtungen, dass die globale Erwärmung unvermindert fortschreiten werde, sollten die atmosphärischen Treibhausgaskonzentrationen weiter ansteigen.
GEOMAR
Originalpublikation:
Latif, M., Bayr, T., Kjellsson, J. et al. (2023): Strengthening atmospheric circulation and trade winds slowed tropical Pacific surface warming. Nature Communications Earth & Environment, doi: https://doi.org/10.1038/s43247-023-00912-4