Mithilfe eines sogenannten multifaktoriellen Gewächshaus-Experiments haben Forschende um Dr. Lena Muffler-Weigel und Dr. Robert Weigel, Leitende Akademische Direktoren des ÖBGs der Universität Bayreuth, den Einfluss von Nährstoffeintrag und Dürre auf das pflanzliche Wurzelsystem untersucht. Sie hinterfragen damit bisherige Einschätzungen zu den Auswirkungen des Klimawandels auf Pflanzen, bei denen von den oberirdischen auf die unterirdischen Pflanzenteile geschlossen wurde. Dabei haben sie sich für die Verwendung von Sauerampfer (Rumex acetosa) und Spitzwegerich (Plantago lanceolata) entschieden. „Beide Arten sind in den heimischen Wiesen und an Wegrändern quasi immer zu finden. Gerade deshalb waren sie für uns so interessant: als Vertreter für temperate Weiden- und Wiesenökosysteme in Europa“, sagt Muffler-Weigel. Im Gewächshaus haben die Forschenden nicht nur den Einfluss von Nährstoffeintrag und Dürre getrennt betrachtet, sondern die Pflanzen unterschiedlich gut gewässert und gedüngt sowie die beiden Pflanzenarten getrennt und gemeinsam angepflanzt. So konnten sie herausfinden, welchen Einfluss die unterschiedlichen Faktoren in Kombination auf die Pflanzen haben.
„In unserem Experiment haben wir gezeigt, dass vor allem Nährstoffmangel dazu führt, dass die Pflanzen verstärkt in die Wurzelentwicklung investieren“, erklärt Muffler-Weigel. Bei Nährstoffknappheit reagieren die unterirdischen Pflanzenteile also aktiv, um die geringe Nährstoffaufnahme aus dem Boden auszugleichen. Hingegen zeigten klassische Sprossmerkmale wie die Blattgröße bei knappen Ressourcen eine konservative Ressourcennutzung, bei der wenig in Wachstum investiert wird und die Nährstoffe langsam und gezielt verbraucht werden, um Verschwendung zu vermeiden. „Wurzeln und Sprosse reagieren also nicht gleich und müssen in ökologischen Betrachtungen stärker als integriertes System betrachtet werden“, sagt Muffler-Weigel.
Der zunehmende Nährstoffeintrag in temperate Ökosysteme könne damit bis zu einem gewissen Grad trockenheitsbedingte Wachstumsverluste der oberirdischen Biomasse ausgleichen, da Pflanzen bei hoher Nährstoffverfügbarkeit auch mehr in das Wachstum des Sprosses investieren. Im Gegensatz dazu haben ein steigender Nährstoffeintrag und zunehmende Trockenheit, wie sie gerade im Zuge der globalen Erwärmung beobachtet werden, einen doppelt negativen Einfluss auf den Aufbau von Wurzelbiomasse: Bei starker Düngung investieren die Pflanzen nicht mehr aktiv ins Wurzelwachstum, wodurch sie sich keine neuen Wasserquellen erschließen, während Trockenheit insgesamt zu verringertem Wachstum führt.
„Unsere Studie zeigt, dass die Biosphäre unter zunehmendem Nährstoffeintrag und wachsender Trockenheit nicht automatisch als verlässliche Kohlenstoffsenke funktioniert. Ökologische Abschätzungen sozio-ökonomischer Szenarien, die auf oberirdischen Biomassewerten basieren, unterschätzen die negativen Effekte des Globalen Wandels auf die Wurzelbiomasse und damit auf die langfristige Kohlenstoffbindung. Unsere Ergebnisse mahnen also dazu, den Wurzelraum in der Klimapolitik mitzudenken“, sagt Muffler-Weigel.
Universität Bayreuth
Originalpublikation:
Robert Weigel, Alexandra Werner, Laura Würzberg, Kyra Zembold, Katherine Angulo, Wilhelmine Bach, Capucine Hémonnet‑Dal, Tessa Nähring, Monika Hiebenga, Lena Muffler. Root and shoot traits of two common herbs respond differently to drought and fertilization in a multifactorial global change experiment. Plant and Soil (2025).
DOI: https://doi.org/10.1007/s11104-025-07560-x