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Nobelpreis für Medizin 2025: Immuntoleranz als Schlüssel zur Balance des Immunsystems

Illustration von Treg-Zellen.
Illustration von Treg-Zellen. Copyright: © The Nobel Committee for Physiology or Medicine. Ill. Mattias Karlén

Der Nobelpreis für Physiologie oder Medizin 2025 geht an Shimon Sakaguchi, Mary E. Brunkow und Fred Ramsdell. Die drei Forschenden haben einen grundlegenden Mechanismus des Immunsystems entschlüsselt, der für die Aufrechterhaltung der immunologischen Balance entscheidend ist. Ihre Entdeckungen zur Funktion regulatorischer T-Zellen, sogenannter Tregs, bilden die wissenschaftliche Grundlage, um Fehlsteuerungen des Immunsystems besser zu verstehen und liefern damit wertvolle Anknüpfungspunkte für die Alternsforschung. 

Regulatorische T-Zellen sind spezialisierte Immunzellen, die verhindern, dass das Immunsystem körpereigene Strukturen angreift. Sie sorgen für die sogenannte Immuntoleranz – die Fähigkeit des Körpers, zwischen „eigen“ und „fremd“ zu unterscheiden. Dieses Gleichgewicht ist essenziell, um Autoimmunreaktionen und chronische Entzündungen zu vermeiden und um Organe und Gewebe langfristig funktionsfähig zu halten.

„Die Erkenntnisse, die mit dem Nobelpreis 2025 gewürdigt werden, verdeutlichen einen grundlegenden Prozess, der auch das Altern steuert: die Aufrechterhaltung der Immuntoleranz. Mit zunehmendem Alter versagen die Regulationssysteme, die Immunreaktionen in Schach halten, was zu Entzündungen, Gewebeschäden und einer verminderten Regenerationsfähigkeit führt. Das Verständnis und die Erhaltung der Treg-Funktion könnten daher der Schlüssel zur Verlängerung einer gesunden Lebensspanne sein.“ - Prof. Dr. Dario Riccardo Valenzano, Wiss. Direktor des Leibniz-Instituts für Alternsforschung (FLI)

Altern, Entzündung und Immunregulation

Mit zunehmendem Alter gerät das Immunsystem aus dem Gleichgewicht. Es reagiert empfindlicher auf Reize und zeigt eine dauerhafte, niedriggradige Entzündungsaktivität – auch ohne Infektion oder äußeren Auslöser. Diese chronische Grundaktivierung wird als Inflammaging bezeichnet, ein Prozess, der eng mit dem Altern und vielen altersbedingten Krankheiten verbunden ist.

Die Entdeckungen von Sakaguchi, Brunkow und Ramsdell liefern ein tieferes Verständnis dafür, wie regulatorische T-Zellen solche Fehlsteuerungen verhindern. Sie verdeutlichen, dass die Fähigkeit zur Selbstregulation des Immunsystems entscheidend ist, um Entzündungen zu begrenzen und die Gewebehomöostase zu erhalten.

Für das FLI - das Leibniz-Institut für Alternsforschung in Jena - sind diese Erkenntnisse von hoher Relevanz. Sie eröffnen neue Perspektiven darauf, wie Immunbalance und gesunde Gewebealterung miteinander verknüpft sind.


Die Preisträgerinnen und Preisträger

Shimon Sakaguchi (Japan)

Der Immunologe entdeckte in den 1990er-Jahren eine besondere Gruppe von T-Zellen (CD4⁺ CD25⁺), die heute als regulatorische T-Zellen bekannt sind. Diese Zellen verhindern Autoimmunreaktionen und sichern die Balance des Immunsystems. Sakaguchi ist Professor am Immunology Frontier Research Center der Universität Osaka.

Mary E. Brunkow (USA)

Die Molekularbiologin identifizierte das Gen Foxp3, das für die Entwicklung funktionsfähiger Tregs notwendig ist. Ihre Forschung an der sogenannten Scurfy-Maus, einem Modell für fehlgeleitete Immunreaktionen, lieferte entscheidende Hinweise auf die genetischen Grundlagen der Immuntoleranz. Brunkow ist heute Senior Program Manager am Institute for Systems Biology in Seattle.

Fred Ramsdell (USA)

Der Immunologe erforschte gemeinsam mit Brunkow die genetischen Ursachen von Autoimmunerkrankungen und trug wesentlich zur Entdeckung der zentralen Rolle von Foxp3 bei. Heute arbeitet er als wissenschaftlicher Berater bei Sonoma Biotherapeutics, einem Unternehmen, das neue Immuntherapien entwickelt.

Leibniz-Institut für Alternsforschung - Fritz-Lipmann-Institut e.V.

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