Das von Rebelein untersuchte Enzym ist eine Nitrogenase. Sie katalysiert eine der schwierigsten Reaktionen der Natur, die Umwandlung von molekularem Stickstoff (N₂) in Ammoniak (NH₃). Dabei muss sie die starke Dreifachbindung des stabilen N₂ aufbrechen. Rebelein zeigte, dass Nitrogenasen überraschenderweise auch CO₂ zu Kohlenwasserstoffen reduzieren. Damit sind Nitrogenasen die einzigen Biokatalysatoren in der Natur, die CO₂ direkt in nutzbare Kohlenwasserstoffketten umwandeln können.
Bislang sind drei verschiedene Nitrogenasen bekannt. Rebelein und sein Team klärten letztes Jahr die Struktur der kaum untersuchten Eisen(Fe)-Nitrogenase auf. Dieser Enzymkomplex aus dem Purpurbakterium Rhodobacter capsulatus besitzt eine besondere Architektur und im aktiven Zentrum acht Eisenatome. „Die Nitrogenase besteht aus zwei symmetrischen Hälften, die miteinander ‚kommunizieren‘“, erklärt Rebelein. So kann sie gleichzeitig in den zwei aktiven Zentren CO₂ zu Ameisensäure (Formiat) und Methan reduzieren. „Das stellt unser gesamtes Verständnis von Nitrogenasen in Frage, denn offensichtlich ist die Fe-Nitrogenase auch ‘im normalen Bakterienleben‘ eine CO₂-Reduktase“.
Die beiden Produkte der Fe-Nitrogenase dienen anderen Mikroorganismen als Nahrungsgrundlage. Vor allem aber sind sie von hohem Wert für die Bioökonomie, etwa für die Produktion von grünen Kraftstoffen und Plastik. Da das Bakterium Rhodobacter capsulatus ähnlich wie Pflanzen aus Sonnenlicht Energie gewinnt, könnte es mit Licht Kohlenstoffabfälle in Chemikalien umbauen. Dies bietet Lösungen für eine kohlenstoffneutrale und nachhaltige Gesellschaft.
„Erstmal müssen wir dazu den Energie- und Stoffwechsel von R. capsulatus umfassend verstehen“, so Rebelein. Im nächsten Schritt will die Gruppe die Nitrogenase modifizieren und verbessern sowie die Stoffwechselwege optimieren.
Die VAAM lobt Rebeleins Forschung als „höchst interdisziplinär, weil er Biochemie, synthetische Biologie, Strukturbiologie und Mikrobiologie auf einzigartige Weise verbindet“. Seine Stärke sei der Ehrgeiz und Mut, neue Forschungswege zu beschreiten. So habe er ein eigenes Modellsystem für die Ni¬trogenaseforschung entwickelt und etabliert. Seine aktuellen Veröffentlichungen in renommierten Fachzeitschriften liefern neue Erkenntnisse zur Struktur der Nitrogenase, aber auch zum Leben von Rhodobacter capsulatus. Weitere spannende Veröffentlichungen sind in Arbeit.
Auch Rebeleins Engagement am Institut hebt die VAAM hervor. Das Preiskomitee lobt: „Johannes Rebelein zeichnet insbesondere Engagement, Eigenständigkeit, Umsetzungsvermögen aus – genau das entspricht der Intention des VAAM-Forschungspreises“.
Dr. Johannes G. Rebelein (37) ist Emmy-Noether-Nachwuchsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie und am SYNMIKRO-Forschungszentrum in Marburg. Er studierte Biotechnologie an der TU Braunschweig und promovierte 2016 bei Prof. Dr. Markus W. Ribbe an der University of California in Irvine (USA). Es folgte ein Postdoc bei Prof. Dr. Thomas Ward an der Universität Basel (Schweiz).
Informationen: https://www.mpi-marburg.mpg.de/859249/Johannes_Rebelein.
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