VBIO
Aktuelles aus den Biowissenschaften

Erste Resistenzen gegen Weizenverzwergungsvirus entdeckt

Weizenverzwergungsvirus bei infizierten Pflanzen
Unterschiedlich stark ausgeprägte Symptome des Weizenverzwergungsvirus bei infizierten Pflanzen. Der Weizen ganz rechts ist symptomfrei. Anne-Kathrin Pfrieme/JKI

In einer genomweiten Assoziationsstudie (GWAS) mit 500 Weizenvarianten haben Forschende des Julius Kühn-Instituts 14 Gen-Orte identifiziert, die mit konstant geringen Ertragsverlusten durch das Weizenverzwergungsvirus assoziiert waren. Diese sogenannten QTL (engl. quantitative trait loci) könnten für die Züchtung neuer virusresistenter Weizensorten genutzt werden.

Sticht die Wandersandzirpe (Psammotettix alienus) eine Weizenpflanze an, um Pflanzensaft zu trinken, kann das fatale Folgen haben: Zusammen mit ihrem Speichel kann die Zikade das Weizenverzwergungsvirus (Wheat Dwarf Virus, WDV) übertragen. Je nach Alter der Pflanze zum Zeitpunkt der Infektion sinkt der Ertrag mindestens um 30 Prozent, sogar ein Totalausfall ist möglich. Forschende des Julius Kühn-Instituts (JKI) haben nun 500 Weizenvarianten, darunter Sorten, Genbank-Akzessionen und Wildarten, auf ihre Resistenz gegen das Virus untersucht. Die Wildarten erwiesen sich dabei als ähnlich anfällig wie moderne Sorten, was darauf schließen lässt, dass die Züchtung keinen Verlust von Resistenzgenen bewirkt hat. Mehr als die Hälfte der untersuchten Varianten gingen durch die Infektion ein. Zwei als resistent beschriebene ungarische Sorten zeigten mit einer Infektionsrate von 21,5 und 34,5 Prozent lediglich eine gewisse quantitative Resistenz gegenüber der Viruserkrankung. Eine annähernd vollständige Resistenz entdeckten die Forschenden allerdings in der russischen Winterweizensorte „Fisht“, die lediglich zu 5,7 Prozent infiziert wurde. Das beschreiben sie in ihrer aktuellen Publikation im Open-Access-Journal „Frontiers in Plant Science“.

Die sogenannte genomweite Assoziationsstudie (GWAS) des JKI brachte aber noch mehr zum Vorschein: „Wir haben erstmals QTL bestimmen können, die mit geringen Ertragsverlusten durch das Virus assoziiert waren“, erklärt Anne-Kathrin Pfrieme, die am JKI-Fachinstitut für Resistenzforschung und Stresstoleranz ihre Doktorarbeit zum Thema anfertigt. QTL (engl. quantitative trait loci) sind Abschnitte im Genom, die mit quantitativen Merkmalen in Verbindung stehen – Eigenschaften wie Größe, Gewicht oder eben Krankheitsresistenz. Diese graduell messbaren Eigenschaften sind das Ergebnis des Zusammenspiels verschiedener Gene. Von den 35 zuerst identifizierten Gen-Orten blieben nach Tests 14 übrig, die sich konstant mit geringen Ertragsverlusten durch Infektionen mit dem Weizenverzwergungsvirus in Verbindung bringen ließen. „Mit Hilfe genetischer Marker könnten diese QTL künftig in Eliteweizenlinien eingekreuzt werden, um so resistente Sorten zu erzeugen“, beschreibt Pfrieme die Bedeutung ihrer Forschungsergebnisse für die Praxis. Das Interesse verschiedener Züchtungsunternehmen, welche gemeinsam mit der Gesellschaft zur Förderung von Pflanzeninnovation e.V. an der Forschung beteiligt waren, sei groß, zumal das Virus nicht bekämpft werden kann und gegen die Zikade, die es überträgt, innerhalb der EU kein Pflanzenschutzmittel zugelassen ist.

Julius Kühn-Institut


Originalpublikation:

Pfrieme A-K., Ruckwied B., Habekuß A., Will T., Stahl A., Pillen K. und Ordon F. (2022): Identification and Validation of Quantitative Trait Loci for Wheat Dwarf Virus Resistance in Wheat (Triticum aestivum). Front. Plant Sci. Doi: https://doi.org/10.3389/fpls.2022.828639