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Bonobos reagieren negativ auf Ungleichbehandlung

Bonobos im Gras
In einer Studie weigerten sich Bonobos häufiger mitzumachen, wenn sie eine geringere Belohnung als ihr Partner erhielten. © Uryadnikov Sergey, Adobe Stock

Bonobos zeigen eine Abneigung gegen Ungleichheit: In zwei Experimenten waren Bonobos weniger bereit mitzumachen, wenn sie eine schlechtere Belohnung bekamen als ihr Partner. Das deutet darauf hin, dass sie ungleiche Behandlung nicht mögen. Im Gegensatz zu Schimpansen reagierten Bonobos auch dann negativ, wenn eine Maschine (statt eines Menschen) die schlechtere Belohnung verteilte. Das spricht dagegen, dass sie nur vom Menschen enttäuscht waren. Sie akzeptierten Ungleichheit eher, wenn der Partner mit der besseren Belohnung jemand war, mit dem sie oft Körperpflege (Grooming) betrieben. Soziale Bindungen beeinflussen also, wie stark sie auf Ungleichheit reagieren.

Die Frage, ob nichtmenschliche Tiere einen Sinn für Fairness haben, ist in der Forschung viel diskutiert worden. Einige Studien deuten darauf hin, dass Primaten und andere kooperative Arten eine Abneigung gegen Ungleichheit zeigen, während andere argumentieren, dass Reaktionen auf ungleiche Belohnungen durch Frustration, soziale Enttäuschung oder Nahrungserwartung erklärt werden können. Um die evolutionären Ursprünge von Fairness besser zu verstehen, haben Forscherinnen und Forscher des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie und der Universität Utrecht die Abneigung von Bonobos gegen Ungleichbehandlung untersucht.

Die Studie wurde am Wolfgang-Köhler-Primatenforschungszentrum im Zoo Leipzig mit sechs Bonobos durchgeführt. Die Forscherinnen und Forscher führten zwei Versuchsreihen durch, die sich an etablierten Ungleichheitsparadigmen orientierten: In einem Fall tauschten die Bonobos Token gegen Belohnungen, im anderen wurde getestet, ob ihre Reaktionen auf Enttäuschung über den Versuchsleiter zurückzuführen sein könnten.

Bonobos verweigerten bei ungleicher Behandlung die Kooperation

Den Ergebnissen zufolge weigerten sich die Bonobos häufiger mitzumachen, wenn sie eine geringere Belohnung als ihr Partner erhielten. Im Gegensatz zu Schimpansen konnte ihre Reaktion nicht allein durch Enttäuschung erklärt werden, was die Vermutung stützt, dass Bonobos tatsächlich unfaire Behandlung erkennen und darauf reagieren. „Wir haben herausgefunden, dass Bonobos bei ungleichen Belohnungen häufiger die Teilnahme verweigern“, sagt Erstautorin Kia Radovanović von der Universität Utrecht. „Im Gegensatz zu Schimpansen waren ihre Reaktionen aber nicht nur auf Enttäuschung über den Versuchsleiter zurückzuführen, sondern spiegelten eine echte Abneigung gegen ungleiche Behandlung wider.“

Interessanterweise waren Bonobos, ähnlich wie Menschen, toleranter gegenüber Ungleichbehandlung, wenn sie mit vertrauten Partnern zusammenarbeiteten. Dies deutet darauf hin, dass soziale Bindungen die Reaktionen auf Fairness beeinflussen können, und bestätigt die Annahme, dass sich die Abneigung gegen Ungleichheit als stabilisierende Kraft für die Kooperation entwickelt haben könnte. „Unsere Studie liefert neue Erkenntnisse darüber, wie sich Fairness im Laufe der Evolution entwickelt haben könnte, aber es ist noch mehr Forschung nötig“, sagt Daniel Haun, Direktor am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie. „Der Schlüssel zu einem besseren Verständnis liegt darin, größere Gruppen von Bonobos einzubeziehen und die Abneigung gegen Ungleichbehandlung in einem natürlichen kooperativen Umfeld zu untersuchen.“

Die Ergebnisse tragen zur Debatte über Ungleichheitsaversion bei und zeigen, dass Bonobos für die Erforschung der Evolution von Fairness exemplarisch sein können.

Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie


Originalpublikation:

Kia Radovanović, Anoek Lorskens, Sebastian Schütte, Juliane Bräuer, Josep Call, Daniel B. M. Haun and Edwin J. C. van Leeuwen: Bonobos respond aversively to unequal reward distributions, Proc. R. Soc. B.29220242873, 2025, http://doi.org/10.1098/rspb.2024.2873