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Verhaltensforschung: Riechen Hunde menschliche Angst?

Hundekopf
Riechen Hunde menschliche Angst? Foto: Pixabay

Hunde sind bekannt für ihre Fähigkeit, menschliche Emotionen zu spüren. Aber wie reagieren sie auf den Geruch von Angst? Eine neue Studie beleuchtet diese Frage und zeigt, dass Hunde menschliche Angst-Chemosignale wahrnehmen und darauf individuell reagieren – was die bisherige Annahme eines einheitlichen Vermeidungsverhaltens in Frage stellt. 

Die von Wissenschafter:innen des Domestication Lab des Konrad-Lorenz-Instituts für Vergleichende Verhaltensforschung (KLIVV) der Vetmeduni durchgeführte Studie untersuchte, wie Hunde in einer kontrollierten Umgebung auf menschliche Angstgerüche reagieren. An der Studie nahmen 61 Hunde teil, die in zwei Gruppen aufgeteilt wurden. Die Versuchsgruppe wurde zwei Zielobjekten ausgesetzt, von denen eines mit menschlichem Angstschweiß und das andere mit einem neutralen menschlichen Geruch versehen war. Die Kontrollgruppe wurde hingegen zwei Zielobjekten mit neutralem menschlichem Geruch ausgesetzt.

Keine einheitliche Vermeidungsreaktion, sondern individuelles Verhalten

Hunde, die dem Angstgeruch ausgesetzt waren, zeigten Verhaltensweisen, die auf Unbehagen oder Zögern hindeuteten, bespielsweise verbrachten sie mehr Zeit in der Nähe des Versuchsleiters, senkten ihre Schwänze und brauchten länger, um sich den Zielen zu nähern. Das auffälligste Ergebnis war jedoch die Variabilität der individuellen Reaktionen. Während einige Hunde zögerten, sich dem Angstgeruch zu nähern, näherten sich andere ihm schneller als dem neutralen Geruch. Dies stellt die gängige Annahme in Frage, dass Hunde eine angeborene Tendenz haben, menschliche Angstgerüche zu vermeiden.

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Hunde von menschlichen Angstgerüchen beeinflusst werden, ihre Reaktionen jedoch alles andere als einheitlich sind“, sagt Studien-Erstautorin Svenja Capitain vom KLIVV der Vetmeduni. „Diese Variabilität könnte durch Faktoren wie Lebenserfahrung, Training oder sogar Rasse beeinflusst werden, allerdings sind weitere Untersuchungen erforderlich, um diese Einflüsse zu bestätigen.“ Interessanterweise fand die Studie keine signifikanten Auswirkungen von Alter oder Geschlecht auf die Reaktionen der Hunde, was mit früheren Untersuchungen übereinstimmt.

Wichtige Erkenntnisse für Therapiehunde, menschliche Interaktion und die Ausbildung von Hunden

Die Ergebnisse der Studie könnten praktische Auswirkungen auf die Hundeausbildung, die Auswahl von Therapiehunden und die Verbesserung der Interaktion zwischen Mensch und Hund haben. Das Verständnis, warum manche Hunde sich Angstgerüchen nähern, während andere sie meiden, könnte dazu beitragen, das Wohlbefinden von Hunden zu verbessern, Stress zu reduzieren und sogar potenzielle Sicherheitsprobleme zu vermeiden, wie z. B. aggressive Reaktionen auf ängstliche Personen.

„Unsere Forschungsarbeit unterstreicht, wie wichtig es ist, individuelle Unterschiede im Verhalten von Hunden zu betrachten“, betont Svenja Capitain. „Indem wir uns von der Annahme der Gleichförmigkeit lösen, können wir unsere vierbeinigen Begleiter besser verstehen und dabei unterstützen, sich in der Welt der Menschen zurechtzufinden.“ Die Forscherinnen hoffen, dass zukünftige Studien die Rolle von Lebenserfahrungen, Training und Rasse bei der Prägung der Reaktionen von Hunden auf menschliche Angst-Chemosignale untersuchen werden. Sie schlagen außerdem vor, der Frage nachzugehen, wie Umweltfaktoren – beispielsweise vertraute gegenüber unbekannten Orten – diese Reaktionen beeinflussen könnten.

Veterinärmedizinische Universität Wien


Originalpublikation:

Svenja Capitain, Friederike Range und Sarah Marshall-Pescini: Not just avoidance: Dogs show subtle individual differences in reacting to human fear chemosignals, Frontiers in Veterinary Science 2025, https://doi.org/10.3389/fvets.2025.1679991

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