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Schutz der biologischen Vielfalt

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EU ergreift Maßnahmen, um die Einbringung invasiver gebietsfremder Arten, die der Natur in Europa schaden würden, zu verhindern

Die Kommission unternimmt rechtliche Schritte gegen 15 Mitgliedstaaten, um Maßnahmen zur Prävention und zum Management invasiver gebietsfremder Arten zu stärken. Belgien, Bulgarien, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Lettland, Litauen, Polen, Portugal, Rumänien, die Slowakei, Slowenien, Tschechien und Zypern haben es versäumt, der Kommission bis Juli 2019 ihre Aktionspläne gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 zum Umgang mit den in hohem Ausmaß invasiven gebietsfremden Arten von unionsweiter Bedeutung festzulegen, durchzuführen und der Kommission mitzuteilen. Solche Arten verursachen derart erhebliche Schäden an Umwelt und menschlicher Gesundheit, dass der Erlass von EU-weit geltenden Maßnahmen rechtfertigt ist.

Die gegen Bulgarien, Griechenland und Rumänien eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren beziehen sich auch auf das Versäumnis, ein Überwachungssystem für invasive gebietsfremde Arten von unionsweiter Bedeutung einzurichten; die dafür eingeräumte Frist ist bereits im Januar 2018 abgelaufen. Darüber hinaus fordert die Kommission Griechenland und Rumänien auf, voll funktionsfähige Strukturen für die Durchführung der amtlichen Kontrollen zu schaffen, die erforderlich sind, um die vorsätzliche Einbringung invasiver gebietsfremder Arten in die Union zu verhindern.

Schutz der biologischen Vielfalt in Europa

Invasive gebietsfremde Arten stellen eine der fünf Hauptursachen für den Verlust an biologischer Vielfalt in Europa und weltweit dar. Es handelt sich um Pflanzen und Tiere, die versehentlich oder absichtlich durch menschliche Eingriffe in eine natürliche Umwelt eingebracht werden, in der sie normalerweise nicht vorkommen. Sie stellen eine große Bedrohung für die in Europa einheimischen Pflanzen und Tiere dar und verursachen der europäischen Wirtschaft einen Schaden von schätzungsweise 12 Mrd. EUR pro Jahr.

Gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten müssen die Mitgliedstaaten die Pfade ermitteln und kontrollieren, über die invasive gebietsfremde Arten eingebracht werden und sich ausbreiten. Sehr viele invasive gebietsfremde Arten werden nicht vorsätzlich in die Union eingebracht. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, den Pfaden der nicht vorsätzlichen Einbringung Priorität einzuräumen und diese effizienter auf der Grundlage von Schätzungen des Umfangs der Arten und ihrer potenziellen Auswirkungen zu kontrollieren. Beispiele für solche Pfade sind die nicht vorsätzliche Einbringung lebender Organismen über das Ballastwasser und die Sedimente auf Schiffen, durch Angeln oder andere Fischereiausrüstungen, durch im internationalen Handel verwendete Container oder die unbemerkte Einbringung von Schädlingen, die sich auf gehandelten Pflanzen oder Holz befinden. Obwohl die Priorisierung der Pfade voranschreitet, kommt es in den meisten Mitgliedstaaten zu Verzögerungen bei der Umsetzung. Bislang haben lediglich zwölf Mitgliedstaaten Aktionspläne für die wichtigsten Pfade, über die die Einbringung invasiver gebietsfremder Arten erfolgt, ausgearbeitet, angenommen und der Kommission übermittelt.

Die Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 ist am 1. Januar 2015 in Kraft getreten und konzentriert sich auf Arten, die als „von unionsweiter Bedeutung“ angesehen werden. Dazu gehören derzeit 66 Arten, darunter Pflanzen wie die Wasserhyazinthe und Tiere wie die Asiatische Hornisse oder der Waschbär, die auf europäischer Ebene ein Risiko darstellen. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um die vorsätzliche oder nicht vorsätzliche Einbringung dieser Arten in die EU zu verhindern, ihr Vorkommen zu ermitteln und in einem frühen Stadium der Einbringung sofortige Maßnahmen zur Beseitigung zu ergreifen oder, sollte die Art bereits weitverbreitet sein, Maßnahmen zu ihrer Beseitigung, Kontrolle oder zur Verhinderung einer weiteren Ausbreitung zu ergreifen.

In diesem Zusammenhang stellen Präventivmaßnahmen, die Gegenstand der heute eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren sind, eine wesentliche Investition dar, da es viel wirksamer und kostengünstiger ist, bereits die Einbringung invasiver Arten zu verhindern, als die Schäden nach ihrer Ausbreitung zu beseitigen bzw. zu begrenzen.

Sowohl im europäischen Grünen Deal als auch in der EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 wird betont, wie wichtig es für die EU ist, die Natur bis 2030 auf den Weg der Erholung zu bringen, indem gesunde Ökosysteme besser geschützt und wiederhergestellt werden.

Durchsetzungsmaßnahmen der Kommission

Die Kommission unterstützt die Mitgliedstaaten nach wie vor bei der ordnungsgemäßen Umsetzung der bestehenden Rechtsvorschriften, indem sie – wenn nötig – von ihren Durchsetzungsbefugnissen Gebrauch macht. Dies ist von entscheidender Bedeutung, um die Natur in der EU zu schützen, sodass sich die Bürgerinnen und Bürger in der gesamten Union auf ihre Dienste verlassen können.

Im Juni 2021 richtete die Kommission bereits erste diesbezügliche Aufforderungsschreiben an 18 Mitgliedstaaten. Da die Antworten der 15 genannten Mitgliedstaaten nicht zufriedenstellend waren, hat die Kommission beschlossen, ihnen mit Gründen versehene Stellungnahmen zu übermitteln. Die Mitgliedstaaten haben zwei Monate Zeit, um zu reagieren und die erforderlichen Maßnahmen zu treffen; anderenfalls kann die Kommission die Angelegenheit an den Gerichtshof verweisen.

Auswirkungen auf Gesundheit, Umwelt und Wirtschaft

In Europas Natur gibt es mindestens 12 000 gebietsfremde Arten, von denen 10-15 % invasiv sind. Invasive gebietsfremde Arten können das lokale Aussterben einheimischer Arten verursachen, z. B. durch den Wettbewerb um begrenzte Ressourcen wie Nahrung und Lebensräume, durch die Kreuzung von Arten oder die Ausbreitung von Krankheiten. Sie können die Funktionsweise ganzer Ökosysteme verändern und deren Fähigkeit beeinträchtigen, wertvolle Dienstleistungen wie Bestäubung, Wasserregulierung oder Hochwasserschutz zu erbringen. So macht die Asiatische Hornisse, die 2005 unbeabsichtigt nach Europa eingeschleppt wurde, Jagd auf einheimische Honigbienen, verringert die einheimische Insektenbiodiversität und wirkt sich allgemein auf die Bestäubungsleistungen aus.

Invasive gebietsfremde Arten haben häufig erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen, da sie die Erträge aus Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei verringern. So war beispielsweise die unbeabsichtigt in das Schwarze Meer eingeschleppte Meerwalnuss für einen starken Rückgang bei mindestens 26 kommerziell genutzten Fischbeständen im Schwarzen Meer, einschließlich Sardellen und Makrelen, verantwortlich. Invasive Arten können Infrastrukturen schädigen, den Verkehr behindern oder die Verfügbarkeit von Wasser verringern, indem sie Wasserwege blockieren oder industrielle Wasserleitungen verstopfen.

Invasive gebietsfremde Arten können zudem ein großes Problem für die menschliche Gesundheit darstellen, da sie schwerwiegende Allergien und Hautprobleme (wie die durch den Riesen-Bärenklau verursachten Verbrennungen) auslösen und als Vektoren für gefährliche Krankheitserreger und Krankheiten (z. B. bei der Übertragung von Krankheiten auf Tiere und Menschen durch Waschbären) dienen können.

Europäische Komission