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Ein Stoffwechselmodell des Blattes zeigt alternative, wassersparende Formen der CAM-Photosynthese auf

Die Forscher entwickelten ein kombiniertes Blattstoffwechsel-/Gasaustauschmodell zur Vorhersage von Wassereinsparung und Produktivität in gemäßigten Klimazonen.
Die Forscher entwickelten ein kombiniertes Blattstoffwechsel-/Gasaustauschmodell zur Vorhersage von Wassereinsparung und Produktivität in gemäßigten Klimazonen. IPK

Mehrere Pflanzenlinien, welche in sehr trockenen Umgebungen wachsen, haben eine wassersparende Form der Photosynthese, den Crassulaceen-Säurestoffwechsel (CAM), entwickelt, bei welcher die CO2-Aufnahme und CO2-Fixierung zeitlich getrennt voneinander erfolgen. ForscherInnen des IPK Gatersleben und der Universität Oxford haben nun untersucht, ob ein vollständiger CAM-Zyklus auch die beste Lösung für C3-Pflanzen ist, die in gemäßigten Klimazonen angebaut werden. Dabei ging es um einen möglichst guten Ausgleich im Spannungsfeld zwischen Wasserverlust auf der einen Seite und Produktivität auf der anderen Seite schaffen.

 

Bei der Photosynthese nehmen Pflanzen CO2 aus der Umwelt auf und wandeln es mit Hilfe von Sonnenlicht in energiereiche Zucker um. Die CO2-Aufnahme wird über das Öffnen und Schließen kleiner Poren am Blatt, den sogenannten Spaltöffnungen, reguliert. Sind diese Spaltöffnungen offen, geht der Pflanze aber durch Transpiration Wasser verloren. Daher muss ein optimales Verhältnis zwischen Wasserverlust und CO2-Aufnahme gefunden werden. Bei der C3-Photosynthese öffnen sich die Spaltöffnungen tagsüber, wenn Sonnenlicht als Energiequelle zur Verfügung steht. Dies ist zwar energetisch effizient, führt allerdings in Umgebungen mit hohen Tagestemperaturen und niedriger Luftfeuchtigkeit zu einem erheblichen Wasserverlust.

Als Alternative können einige Pflanzen die Photosynthese des Crassulaceen-Säurestoffwechsels (CAM) betreiben, bei der sie ihre Spaltöffnungen nachts, wenn die Temperaturen niedriger und die Luftfeuchtigkeit höher sind, öffnen, um CO2 vorübergehend zu fixieren. Im Laufe des Tages setzen sie das zwischengespeicherte CO2 frei und nutzen es zur Zuckersynthese, während sie die Spaltöffnungen geschlossen halten. CAM-Photosynthese ist zwar wassersparend, aber weniger effizient.
Um die Frage zu beantworten, ob ein vollständiger CAM-Zyklus oder alternative wassersparende Formen in den für C3-Pflanzen typischen Umgebungen produktiver wären, kombinierten die ForscherInnen ein Tag-Nacht-Modell des Blattstoffwechsels und ein Gasaustauschmodell und führten damit Simulationen für eine Vielzahl von Umweltbedingungen durch. „Wir fanden heraus, dass die Pflanze durch einen partiellen CAM-Zyklus mehr als 50 Prozent ihres Wasserverbrauchs einsparen und gleichzeitig 80 Prozent ihrer maximalen Produktivität in einem gemäßigten Klima beibehalten kann“, sagt Dr. Nadine Töpfer, Leiterin der unabhängigen Forschungsgruppe „Metabolische Systeminteraktionen“ am IPK.

Darüber hinaus identifizierte das Modell einen alternativen CAM-Zyklus, bei dem das mitochondriale Enzym Isocitratdehydrogenase (ICDH) an der temporären Kohlenstofffixierung in der Nacht beteiligt sein könnte. „Der zusätzliche wassersparende Effekt der Kohlenstofffixierung durch ICDH kann unter den getesteten Bedingungen elf Prozent der gesamten Wassereinsparung erreichen“, sagt Dr. Nadine Töpfer. „Wir stellten auch fest, dass die CO2-Speicherkapazität in den Blattvakuolen einen großen Einfluss auf die CAM-Effizienz hat und erhöht werden müsste, um einen effizienten CAM-Zyklus in C3-Pflanzen zu etablieren.“

Zusammenfassend zeigt die Studie das Potenzial zur Wassereinsparung durch die Einführung eines alternativen CAM Stoffwechselzykluses in C3-Pflanzen unter einer Vielzahl von Umweltbedingungen auf und schlägt umweltspezifische Ziele für die Entwicklung dürreresisterer Pflanzen vor. Dr. Nadine Töpfer, die die Arbeit während der Zeit eines Marie-Curie-Postdoktoranden-Stipendiums in der Gruppe von Professor Lee Sweetlove in Oxford begann und am IPK abschloss, sagt: „Die Modellierung ist ein leistungsfähiges Werkzeug zur Erforschung komplexer Systeme und liefert Erkenntnisse, die als Richtschnur für die Arbeit im Labor und im Feld dienen können. Ich glaube, dass unsere Ergebnisse den Forschern, die das wassersparende Merkmal von CAM-Pflanzen auf andere Arten übertragen wollen, Anregungen und Ideen liefern werden.“

Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung


Originalpublikation:

Töpfer et al. (2020), Alternative CAM Modes Provide Environment-Specific Water-Saving Benefits in a Leaf Metabolic Model. Plant Cell. DOI: 10.1105/tpc.20.00132

doi.org/10.1105/tpc.20.00132