Vor 50 Jahren wurde „Biozement“ erstmals beschrieben: Manche Mikroben bilden mineralische Verbindungen. Sie wandeln im Rahmen ihres Stoffwechsels Nährstoffe aus ihrer Umgebung um und fällen Calciumcarbonat (Calcit) aus. Das verbindet wiederum Bodenpartikel miteinander und erhöht so die Festigkeit und Stabilität von Materialien und Böden. Diese natürliche mikrobielle Verkrustung und Verklebung wurde erst in den letzten Jahren erfolgreich industriell erschlossen.
Luitpold Fried und sein Team charakterisierten vor zwölf Jahren erste geeignete Bakterienstämme. Sie optimierten die Vermehrung, entwickelten spezifische Nährmedien und steigerten so die Calcit-Produktion signifikant. Sie sorgten mit modernen Verfahren dafür, dass die Bakterien trotz Trocknungsverfahren am Leben und ihre Stoffwechselaktivität mitsamt biozementierenden Enzymen erhalten blieb. Im Bergbau kann mit mikrobieller Hilfe die Staubbelastung verringert werden, was bis zu 90 Prozent Wasser einspart. Denn normalerweise wird Staub dort durch große Mengen Wasser oder chemische Lösungen gebunden – beides umweltschädlich und teuer. Im Straßenbau stabilisiert die Technologie die Fahrbahnen. Und in der Landwirtschaft ermöglichen die Mikroben ein ökologisches Unkrautmanagement: Calcit-Krusten bilden eine mechanische Barriere für Unkräuter als Alternative zu chemischen Herbiziden.
Sechs Patentanmeldungen gingen aus Frieds Forschungen hervor, die sowohl die grundlegende Technologie als auch spezifische Anwendungen in unterschiedlichen Industriezweigen schützen. Unter der technischen Leitung des Mikrobiologen entwickelte sich Bind-X zu einem internationalen Unternehmen mit Standorten in Deutschland, Südafrika und Australien. Fried engagiert sich darüber hinaus in der akademischen Lehre und hat seit 2022 einen Lehrauftrag an der Hochschule Rhein-Waal.
Die VAAM würdigt mit dem Innovationspreis Frieds außergewöhnliche Fähigkeit, komplexe wissenschaftliche Erkenntnisse der Mikrobiologie in skalierbare, industrielle Anwendungen zu überführen. „Luitpold Fried hat die Einsatzmöglichkeiten bakterieller Produkte neu definiert“, lobt das Preiskomitee. Er habe eine wissenschaftlich und technologisch einzigartige Verbindung zwischen mikrobiologischer Grundlagenforschung und industrieller Anwendung geschaffen. VAAM-Präsident Stefan Pelzer betont: „Seine Arbeiten zur mikrobiellen Biozementierung eröffnen Perspektiven für nachhaltige Lösungen in verschiedenen Industriezweigen und tragen maßgeblich zur Schonung von Ressourcen und zum Umweltschutz bei“.
VAAM