„Den zoologischen Namen ‚Ocrepeira klamt‘ habe ich gewählt, um an meine Deutschlehrerin Ulrike Klamt aus meiner Gymnasialzeit zu erinnern. Der Enthusiasmus, mit dem sie ihrem Beruf nachgeht, und das Interesse, das sie für ihre Schüler und für Literatur aufbringt, sind für mich ein Vorbild“, sagt Charlotte Hopfe.
Die Kordilleren in Kolumbien sind bekannt für eine ungewöhnliche große Artenvielfalt. Dabei verteilen sich die Lebensräume dieser Arten auf Höhenlagen mit sehr verschiedenen Klimabedingungen, Vegetationen und Ökosystemen. Exemplare von mehr als 100 Spinnenarten hat die Bayreuther Forscherin in diesen Habitaten gesammelt und zoologisch bestimmt. Dabei war sie überwiegend in einer Region unterwegs, die erst seit dem Ende des kolumbianischen Bürgerkriegs im Jahr 2016 wieder für Forschungsarbeiten zugänglich ist. In Höhenlagen von über 3.500 Metern hat sie die neue Spinnenart entdeckt, die sich von verwandten Arten durch die auffällige Struktur ihrer Fortpflanzungsorgane unterscheidet. Bei der Bestimmung dieser und vieler weiterer Spinnen-Exemplare erhielt Hopfe tatkräftige Unterstützung von Forschern der kolumbianischen Universidad del Valle in Cali, mit der die Universität Bayreuth eine Forschungskooperation hat. Kolumbien wurde im Rahmen der Internationalisierungsstrategie der Universität Bayreuth als ein Schwerpunkt-Land identifiziert, weswegen die Universität Bayreuth mit mehreren kolumbianischen Universitäten enge Zusammenarbeit pflegt.
In der Untersuchung von Spinnenarten aus klimatisch und ökologisch sehr verschiedenen Regionen liegt möglicherweise auch eine Chance, Antworten auf zwei bislang noch unerforschte Fragen zu finden: Es ist noch nichts darüber bekannt, ob Temperaturen, Niederschläge und andere klimatische Faktoren die Evolution von Spinnenarten und ihrer Seideneigenschaften beeinflussen. Ist beispielsweise im Tieflandregenwald der Anteil der Spinnenarten mit extrem elastischer Spinnenseide höher als in der Halbwüste? Und ebenso ist noch offen, ob die Eigenschaften der von einer Spinnenart produzierten Seide durch klimatische Faktoren modifiziert werden. Würde eine im Hochgebirge lebende Spinnenart, wie etwa Ocrepeira klamt, dieselbe Spinnenseide herstellen, wenn sie in einer weitaus tiefer gelegenen Region der Kordilleren heimisch wäre? Die Antwort auf diese Fragen könnte aufschlussreiche Hinweise enthalten, unter welchen Voraussetzungen sich außergewöhnliche Spinnenseiden entwickeln.
Interessant ist auch, ob auf diese Weise Proteine der Spinnenseide gefunden werden können, die aufgrund ihrer Eigenschaften für bestimmte Anwendungen in der Biomedizin und Biotechnologie noch besser geeignet sind als die bisher bekannten Seidenproteine. „Je größer die Vielfalt der Spinnenseiden ist, deren Strukturen und Eigenschaften wir kennen, desto größer ist das Potenzial, um auf der Basis von Seidenproteinen bereits bekannte Biomaterialien optimieren oder neuartige Biomaterialien entwickeln zu können“, erklärt Hopfe.
Universität Bayreuth
Originalpublikation:
Charlotte Hopfe, Bryan Ospina-Jara, Thomas Scheibel, Jimmy Cabra-García: Ocrepeira klamt sp. n. (Araneae: Araneidae), a novel spider species from an Andean páramo in Colombia. PLOS ONE (2020),