Methoden zur aktiven Entfernung von Kohlendioxid (CO₂) aus der Atmosphäre (Carbon Dioxide Removal, CDR) werden derzeit intensiv erforscht, auch im Ozean – die so genannten marinen CDR- Methoden (mCDR). Ziel dieser Ansätze ist es, schwer vermeidbare Restemissionen zu kompensieren und langfristig zur Erreichung der Klimaziele des Pariser Abkommens beizutragen.
Damit solche Verfahren künftig sicher und nachvollziehbar angewendet werden können, braucht es ein verlässliches System zur Überwachung (Monitoring), Berichterstattung (Reporting) und Überprüfung (Verification), kurz MRV. Dieses soll erfassen, wie viel CO₂ tatsächlich entzogen und wie dauerhaft es gespeichert wird sowie mögliche Umweltauswirkungen dokumentieren.
Das ist die Empfehlung eines so genannten Zukunftsdossiers des European Marine Board (EMB Future Science Brief No.13: Monitoring, Reporting and Verification for marine Carbon Dioxide Removal), das heute in Brüssel vorgestellt wird. 13 Forschende haben dazu in einer internationalen Arbeitsgruppe die neuesten Erkenntnisse zusammengetragen. Unter ihnen war auch Prof. Dr. Andreas Oschlies, Leiter der Forschungseinheit Biogeochemische Modellierung am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.
„Derzeit verfügt keine marine CO₂-Entnahmemethode über ein ausreichend robustes MRV-System“, sagt Dr. Helene Muri, Senior Researcher am Norwegian Institute for Air Research (NILU) und der Norwegian University of Science and Technology (NTNU), die die internationale Arbeitsgruppe gemeinsam mit Dr. Olivier Sulpis vom CEREGE – Universität Aix-Marseille, CNRS, IRD leitete. „Das bedeutet, dass eine effiziente und sichere Umsetzung derzeit noch nicht gewährleistet ist.“
Forschungslücken und Handlungsbedarf
Das EMB-Zukunftsdossier benennt zentrale Wissenslücken: Noch ist nicht vollständig klar, wie die verschiedenen mCDR-Methoden auf Prozesse im Ozean wirken und wie lange der gebundene Kohlenstoff tatsächlich dort verbleibt. Diese Unsicherheiten erschweren derzeit die Bewertung möglicher Risiken und Chancen.
„Verantwortungsvolle Klimapolitik braucht verlässliche Daten“, sagt Prof. Dr. Andreas Oschlies vom GEOMAR. Dazu zählen laut Bericht vor allem Beobachtungsdaten, Modellierungsansätze und technologische Innovationen, die die Entwicklung wissenschaftlich fundierter MRV-Systeme ermöglichen. Oschlies: „Forschungsergebnisse der deutschen Forschungsmission CDRmare aus Labor- und Mesokosmos-Experimenten sowie modellierenden Arbeiten lassen einige CO₂-Entnahmemethoden vielversprechend erscheinen. Aber erst, wenn wir die Wirksamkeit und mögliche Nebenwirkungen solcher Maßnahmen in der Meeresumwelt genau kennen, können wir verantwortungsvoll entscheiden, ob und wo sie sinnvoll eingesetzt werden können.“
Klare Regeln und globale Verantwortung
Neben wissenschaftlichen Fragen rückt der Bericht auch die Governance-Frage in den Mittelpunkt: Bislang gibt es keine spezifischen rechtlichen oder institutionellen Rahmenbedingungen für MRV-Systeme im Bereich mariner CO₂-Entnahme.
„Wir brauchen einheitliche, verbindliche Regeln, die Transparenz schaffen und die Fragmentierung der bestehenden Systeme überwinden“, fordert Helene Muri. Nur so könne sichergestellt werden, dass künftige CO₂-Entnahmeaktivitäten im Ozean im Einklang mit dem Schutz mariner Ökosysteme umgesetzt werden.
Und bei all diesen Fragen muss die schnelle Reduktion von Treibhausgasen absolute Priorität haben, betonen die Wissenschaftler:innen. CO₂-Entnahme kann diesen Prozess nicht ersetzen, sondern höchstens ergänzen, um langfristig die Klimaziele noch zu erreichen.
GEOMAR





