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Was unsere Wiesen über die Zukunft verraten

Wiese mit Blumen
Die Forschenden untersuchten die Artenvielfalt auf Wiesen. Quelle: Neuenkamp

Wiesen, die früher voller summender Insekten und bunter Pflanzen waren, verlieren still und leise ihre Vielfalt. Doch wie schnell passiert dieser Wandel und lässt er sich erkennen, bevor Arten verschwinden?  Ein deutsch-schweizerisches Forschungsteam hat darauf eine Antwort gefunden. Ihre Studie zeigt: Räumliche Daten können erstaunlich gut vorhersagen, wie sich die Artenvielfalt über die Zeit verändert. 

„Langzeitbeobachtungen dauern oft viele Jahre. Raumdaten dagegen liegen sofort vor und trotzdem sprechen sie eine klare Sprache“, sagt Professorin Dr. Lena Neuenkamp von der Universität Bielefeld, die Erstautorin der Studie. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass wir mit ihnen schon heute erkennen können, wo die Natur unter Druck gerät.“

Einzigartige Daten aus 150 Wiesen
Für die Studie nutzte das Team aus Bern und mehreren deutschen Universitäten eine einzigartige Datengrundlage: die Biodiversitäts-Exploratorien, ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft seit 2006 gefördertes Großprojekt. Dort wurden auf 150 Grünlandflächen über elf Jahre hinweg Pflanzen und Gliederfüßer, also Tiere wie Insekten oder Spinnen, jährlich erfasst.

Die Forschenden verglichen, wie sich Artenvielfalt zwischen verschiedenen Orten unterscheidet und wie sie sich im Laufe der Jahre verändert. Das Ergebnis: Wenn Land intensiver genutzt wird, stärker gedüngt, häufiger gemäht oder dichter beweidet, geht die Artenvielfalt zurück. Das gilt sowohl für die Artenzahl innerhalb einer Fläche (die sogenannte α-Diversität) als auch für die Unterschiede zwischen Flächen (β-Diversität).

Ein Werkzeug für schnelleren Naturschutz
Besonders spannend: Die Muster aus Raumdaten und Zeitreihen ähneln sich stark. Das bedeutet, dass räumliche Beobachtungen als „Abkürzung“ dienen können, wenn langfristige Messreihen fehlen.

„Damit haben wir ein mögliches Frühwarnsystem für den Artenverlust“, sagt Professor Dr. Norbert Hölzel von der Universität Münster, der seit über 15 Jahren in den Biodiversitäts-Exploratorien tätig ist. „Wir können jetzt besser einschätzen, wo Ökosysteme kippen könnten und damit früher handeln.“

Die Studie zeigt aber auch: Veränderungen in der Natur wirken oft verzögert. Manche Arten reagieren erst Jahre später auf intensivere Nutzung. Deshalb braucht es weiterhin langfristige Daten, um diese Verzögerungen zu verstehen. Die Forschenden betonen: Auch wenn der Wandel leise beginnt, er lässt sich sichtbar machen. Und genau das ist entscheidend, um die Artenvielfalt zu schützen, bevor es zu spät ist. 

Das langfristige Monitoring der Vegetation in den DFG-Biodiversitäts-Exploratorien ist jedenfalls auch für die kommenden 6 Jahre gesichert, wofür zukünftig die Universitäten Bielefeld und Münster im Rahmen eines jüngst erfolgreich eingeworbenen Kooperationsprojekts mit der Universität Bern verantwortlich sein werden.

Universität Bielefeld


Originalpublikation:

Neuenkamp, L., Saiz, H., Schenk, N. et al. Congruent direction but different magnitude of biodiversity response to land-use intensification in space and time. Nat Ecol Evol (2025). doi.org/10.1038/s41559-025-02896-0

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