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Ausgestorben und Entdeckt - Deutschlands älteste Süßwassergarnele

Holotype von Bechleja brevirostris
Holotype von Bechleja brevirostris, Foto: Sonja Wedmann, Senckenberg

Deutschlands erste fossile Süßwasser-Garnelenart wurde jetzt von einem internationalen Forscherteam unter Leitung des Museums für Naturkunde Berlin im Fachjournal Scientific Reports beschrieben. Die meisten Garnelen lieben marine Lebensräume, doch dieser 48 Millionen Jahre alte versteinerte Shrimp aus dem Eozän stammt aus der UNESCO-Welterbe Grube Messel, einem ehemaligen Süßwassersee. Da sogar seltene Organstrukturen erhalten sind ist die Garnele ein weiterer Puzzlebaustein bei der Rekonstruktion dieses einzigartigen Ökosystems.

„Die neue Art Bechleja brevirostris ist der erste und einzige fossile Nachweis von Süßwasserkrebsen aus dem Eozän in Europa und der zweite weltweit nach Bechleja rostrata aus der 8000 km entfernten Green River Formation in Wyoming, USA“, freut sich Erstautor Valentin de Mazancourt, der als Alexander von Humboldt Postdoc am Museum für Naturkunde Berlin arbeitet.
 
Garnelen helfen durch ihre Nahrungsaufnahme am Boden das Ökosystem im Gleichgewicht zu halte, Man würde sie in marinen Habitaten, in Korallenriffen und in der Tiefsee vermuten, aber nicht in einem Frischwassersee, wie er sich in Messel vor ca. 48 Millionen Jahren gebildet hatte. Doch es gibt eben auch Süßwasserarten. Forschende des Museums für Naturkunde Berlin arbeiten seit Jahrzenten in Sulawesi an lebenden Süßwassergarnelen. Eine neue Art wurde sogar 2018 von Hörern des Inforadio RBB als Caridina clandestina benannt.
 
Im Falle der neuen fossilen Süßwasser-Garnelenart Bechleja brevirostris erlaubt die Erhaltung sogar Aussagen über interne Organstrukturen, was bei derartigen Organismen recht selten ist. Somit liefert die Erforschung eines kleinen Shrimps neue Erkenntnisse über das Paläoökosystem eines uralten Kratersees. Aufgrund des außergewöhnlichen Erhaltungszustandes und der Fülle der Fossilien bietet die Grube Messel wohl den detailliertesten Einblick in ein terrestrisches Ökosystem vor 48 Millionen Jahren. Die Funde befinden sich in den Messel-Sammlungen des Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseums Frankfurt und des Hessischen Landesmuseums Darmstadt.

Fossile Garnelen wurden bisher aus Süßwasserablagerungen in Brasilien und Spanien (alter Kreidezeit), aus Frankreich und Brasilien (Alter Tertiär) beschrieben. Solche Fossilien werden von den Forschenden als Kalibrierungspunkte für molekulare Uhren verwendet. Molekulare Uhren werden in der Genetik genutzt, um Evolutionsereignisse zeitlich einzuordnen.

Museum für Naturkunde, Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung


Originalpublikation:

de Mazancourt, V., Wappler, T. & Wedmann, S. Exceptional preservation of internal organs in a new fossil species of freshwater shrimp (Caridea: Palaemonoidea) from the Eocene of Messel (Germany). Sci Rep12, 18114 (2022). doi.org/10.1038/s41598-022-23125-9