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Zentralabitur in Biologie prüft Kompetenzen einseitig

Schüler im Klassenraum
Zentralabitur in Biologie prüft Kompetenzen einseitig, Bild von kp yamu Jayanath auf Pixabay

Vier Kompetenzbereiche stehen für den Biologieunterricht im Lehrplan. Dazu gehören unter anderem auch Erkenntnisgewinnungs- und Bewertungskompetenz. Im Berliner Biologie-Zentralabitur werden aber nahezu ausschließlich biologisches Fachwissen und die Fähigkeit, zielgerichtet Informationen aus Texten und Graphiken zu entnehmen, benötigt. Das ergab eine Auswertung aller Zentralabituraufgaben im Fach Biologie der Jahre 2013 bis 2023 durch Prof. Dr. Leroy Großmann, seit September 2025 in der Biologiedidaktik der Ruhr-Universität Bochum. Er befürchtet, dass dadurch wichtige Kompetenzen auf der Strecke bleiben. 

Kompetenzbereiche im Biologieunterricht 

Laut den aktuellen Bildungsstandards im Fach Biologie sollen Schülerinnen und Schüler nicht nur biologisches Fachwissen etwa über Evolution, Ökologie, Genetik erwerben, sondern auch über Kompetenzen in drei weiteren Bereichen verfügen: Erkenntnisgewinnung – zum Beispiel Experimente planen, Hypothesen formulieren und prüfen – , Kommunikation, etwa Darstellungsformen wie Texte und Diagramme lesen und gestalten, sowie Bewertung: in ethisch relevanten Kontexten Handlungsoptionen abwägen und differenziert urteilen. 

Noch während seiner Tätigkeit an der Freien Universität Berlin hat Leroy Großmann untersucht, ob diese vier Kompetenzbereiche auch im Zentralabitur geprüft werden. „Ich hatte erwartet, dass es aus traditionellen Gründen hauptsächlich um die Prüfung von Fachwissen geht, das im Unterricht gelernt wurde und dann angewendet werden muss“, erklärt er. „Es zeigt sich, dass dem in der Tat so ist.“

Was soll eigentlich geprüft werden?

Da es sich um eine Vollstichprobe aller Berliner Abituraufgaben handelt, ist dieses Ergebnis für das Land Berlin aussagekräftig. „Ob sich diese Befunde auf andere Bundesländer übertragen lassen, müsste empirisch untersucht werden, da zwischen den Ländern zum Teil gravierende Unterschiede in der Prüfungskultur bestehen“, so Leroy Großmann. 

„Spannend für die Biologiedidaktik oder die Bildungswissenschaften insgesamt ist die Frage, was im Abitur eigentlich geprüft werden soll“, so der Biologiedidaktiker. Er wirft zudem die Frage auf, ob man von Lehrkräften einerseits verlangen kann, dem Lehrplan folgend im Unterricht die vier Kompetenzbereiche zu adressieren, wenn es dann im Abitur eigentlich ausreicht, Fachwissen wiedergeben und anwenden sowie mit Fachtexten und Grafiken umgehen zu können. Die Vermutung ist, dass dies zum sogenannten Backwash-Effekt führt: Da Lehrkräfte ihre Schüler*innen möglichst gut auf das Abitur vorbereiten wollen, kann es sein, dass sie sich nicht streng an den Lehrplan halten, sondern den Fokus auf Fachwissen und Kommunikation legen. „Die Folge wäre dann, dass so wichtige Kompetenzen wie das Bewerten komplexer Sachverhalte – etwa beim Klimawandel oder Biodiversitätsverlust – und das Verstehen wissenschaftlicher Erkenntnisprozesse auf der Strecke bleiben“, gibt Großmann zu bedenken.

Die Studie kommt zu einem wichtigen Zeitpunkt: Seit diesem Schuljahr koordiniert das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) einen gemeinsamen Aufgabenpool für ländergemeinsame Abituraufgaben. „Die Befunde können wichtige Impulse für die Weiterentwicklung dieser Aufgaben geben“, so Großmann. „Eine evidenzbasierte Diskussion über die stärkere Integration aller vier Kompetenzbereiche in Prüfungsaufgaben könnte einen wichtigen Schritt nach vorn zu einer zeitgemäßen Aufgabenkultur im Abitur darstellen.“

Ruhr-Universität Bochum


Originalpublikation:

Leroy Großmann: Curriculare Validität des Biologie-Zentralabiturs: Welche Themen und Kompetenzen werden geprüft?, in: Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften, 2025, DOI: 10.1007/s40573-025-00187-6, https://link.springer.com/article/10.1007/s40573-025-00187-6

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