HIV infiziert vorwiegend Zellen des Immunsystems, insbesondere sogenannte regulatorische T-Zellen. Deren Funktion ist es, eine Überaktivierung des Immunsystems zu unterdrücken und so die Entstehung von Autoimmunkrankheiten zu verhindern. Regulatorische T-Zellen tragen verschiedene Proteine auf ihren Oberflächen, unter anderem die Enzyme CD39 und CD73. Deren Aufgabe ist es, Immunantwort-aktivierende Moleküle in Immunantwort-dämpfende Stoffe umzuwandeln.
Bei Menschen mit HIV-Infektion ist bereits bekannt, dass sich die Expression dieser Enzyme auf der Oberfläche regulatorischer T-Zellen und anderer Immunzellen im Zusammenhang mit Krankheitsparametern – beispielsweise der Anzahl Viren im Körper – verändert. Frühere Untersuchungen zeigten zudem, dass CD39-exprimierende T-Zellen einen Botenstoff produzieren, der andere Immunzellen hemmt.
Ein Forschungsteam hat nun in einer großen Kohorten-Studie die Expression von CD39- und CD73-Enzymen auf der Oberfläche regulatorischer T-Zellen zwischen HIV-infizierten in verschiedenen Krankheits- und Therapiestadien (mit oder ohne Therapie mit antiretroviralen Medikamenten) sowie gesunden Probanden verglichen.
Die Forscher:innen um Prof. Schulze zur Wiesch vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) und dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf fanden in der Vergleichsstudie, dass im Verlauf der HIV-Infektion die Zahl der CD73-exprimierenden T-Zellen abnahm und die Zahl der CD39- exprimierenden T-Zellen zunahm. Zudem korrelierte die Menge an CD39-exprimierenden T-Zellen mit dem Zustand der Patienten: je mehr CD39-exprimierende T-Zellen sie besaßen, desto schlechter war ihr Gesundheitszustand.
„Die Ergebnisse aus unserer Studie weisen darauf hin, dass CD39- und CD73-exprimierende T-Zellen bei der Krankheitsentwicklung der chronischen HIV-Infektion die Immunantwort verändern,“ sagt Prof. Schulze zur Wiesch. „Dadurch verhindern diese T-Zellen, dass das Immunsystem der Patienten die HI Viren effektiv bekämpfen kann,“ fügt er hinzu.
Zukünftige Studien sollen helfen, die Auswirkungen der Veränderungen der CD39- und CD73-Expression auf die regulatorischen T-Zellen sowie die Funktion der regulatorischen T-Zellen bei HIV besser zu verstehen, um langfristig Heilungsmöglichkeiten für eine Infektion mit HIV zu entwickeln.
DZIF
Originalpublikation:
Kolbe Katharina, Wittner Melanie, Hartjen Philip, Hüfner Anja-Dorothee, Degen Olaf, Ackermann Christin, Cords Leon, Stellbrink Hans-Jürgen, Haag Friedrich, Schulze zur Wiesch Julian: Inversed Ratio of CD39/CD73 Expression on γδ T Cells in HIV Versus Healthy Controls Correlates With Immune Activation and Disease Progression, Frontiers in Immunology 2022
https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fimmu.2022.867167/full