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Nachhaltige Waldbewirtschaftung leistet einen größeren Beitrag zum Klimaschutz als Waldwildnis

Blick auf den Südabhang des Thüringer Waldes. Das Mosaik einer kleinflächigen Bewirtschaftung ist deutlich erkennbar.
Blick auf den Südabhang des Thüringer Waldes. Das Mosaik einer kleinflächigen Bewirtschaftung ist deutlich erkennbar. Foto: Ernst-Detlef Schulze

Der Wald erfüllt viele Funktionen: Wald ist Rohstoff- und Energielieferant, Lebens- und Erholungsraum und Klimaregulator. Ein Wissenschaftlerteam unter der Leitung von Professor Ernst-Detlef Schulze untersuchte, wie sich nachhaltig bewirtschaftete und unbewirtschaftete Wälder der gemäßigten Klimazone im Hinblick auf ihre Klimabilanz unterscheiden. Die Ergebnisse der in Global Change Biology-Bioenergy veröffentlichten Studie zeigen, dass nachhaltige Wirtschaftswälder das Klima besser schützen. Ihr wichtigster Beitrag ist das Ersetzen fossiler Brennstoffe durch energetische Nutzung von Holz.

Wälder entziehen der Atmosphäre über die Photosynthese das Treibhausgas Kohlendioxid (CO₂) zum Aufbau von Biomasse, geben aber durch Atmung und bei der Zersetzung der Biomasse auch wieder CO₂ ab. Bei den unbewirtschafteten Wäldern unserer gemäßigten Klimazonen halten sich diese beiden Prozesse in etwa die Waage. Die durch Atmung und Zersetzung freigesetzte CO₂-Menge entspricht etwa derjenigen, die zum Biomasse-Aufbau durch Photosynthese gebunden wird.

Im Gegensatz dazu wird in nachhaltig bewirtschafteten Wäldern mehr CO₂ gebunden. Hier ist der Holzzuwachs höher als bei Nicht-Bewirtschaftung, da die Bestandsdichte gesteuert wird. Im Wald bleiben die Holzvorräte konstant, aber der Zuwachs wird zur Nutzung entnommen. Er dient der Bereitstellung von Brennholz sowie von kurzlebigen und langlebigen Produkten, vom Toilettenpapier bis hin zum Bauholz. Langlebige Holzprodukte haben zumindest während ihrer Nutzungsdauer einen CO₂-einsparenden Effekt, doch auch sie haben eine begrenzte Lebenszeit. Erst wenn Holz direkt oder nach seiner Nutzung energetisch verwendet wird, entfaltet sich die dauerhafte Klimawirksamkeit. Nur dann werden fossile Brennstoffe ersetzt.

Die Klimabilanz bewirtschafteter Wälder war bisher unvollständig, da die bisherigen nationalen Holzbilanzen unterschätzen, wie viel Holz als Energieträger verbraucht wird. So wurde vor allem die Brennholznutzung im ländlichen Raum und für die im Kleinbesitz befindlichen Wälder nur unzureichend erfasst. Die nachhaltige Holzernte in einem Wirtschaftswald ersetzt pro Hektar und Jahr etwa 900 Liter Heizöl oder erzeugt 7,4 Megawattstunden Elektrizität und Wärme. Dies entspricht etwa 3,5 Tonnen CO₂, die als Emissionen fossilen Ursprungs eingespart werden. Die eingesparten CO₂-Emissionen machen sogar das Zehnfache dessen aus, was über den Aufbau an Holzvorräten im Naturschutzwald gebunden wird. „Die vollständige Herausnahme von Wäldern aus der Bewirtschaftung schmälert daher deutlich deren Beitrag zum Klimaschutz“, folgert Professor Schulze vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena.

Aktuell erhalten Waldbesitzer keine Anerkennung für die Klimaleistung ihrer Wirtschaftswälder. Im Gegenteil, die Holzernte wird als Emission gerechnet, obgleich das an die Haushalte oder an die In-dustrie gelieferte feste Holz erst bei der späteren Zersetzung oder beim Verbrennen sein CO₂ freisetzt. “Wir schlagen vor, dass die geplante CO₂-Steuer auf die Verbrennung fossiler Brennstoffe dazu eingesetzt werden sollte, die nachhaltige Erzeugung von Holz zu unterstützen, um somit einen größtmöglichen Beitrag zum Klimaschutz zu erreichen“, so das Resümee von Prof. Schulze.

Max-Planck-Institut für Biogeochemie


Originalpublikation:

The climate change mitigation effect of bioenergy from sustainably managed forests in Central Europe
Schulze, E.-D., Sierra, C., Egenolf, V., Woerdehoff, R., Irslinger, R., Baldamus, C., Stupak, I., Spellmann, H. (2020), Global Change Biology-Bioenergy, DOI: 10.1111/gcbb.12672

https://doi.org/10.1111/gcbb.12672