Neuhäuser et al. (2025) schlagen nun eine alternative, nicht-adaptive Erklärung vor. Einige für die Zellatmung nötigen molekulare Komplexe sind aus Proteinen zusammengesetzt, von denen manche von nuklearen Genen auf dem Geschlechtschromosom Z und andere von mitochondrialen Genen kodiert werden. Diese Proteine müssen kompatibel sein, Inkompatibilität kann die Lebensfähigkeit beeinträchtigen. Vogelweibchen sind hier anfälliger als Männchen, da bei Vögeln Weibchen nur ein Z-Chromosom (vom Vater) haben, und die mitochondrialen Gene wie üblich über die mütterliche Linie vererbt werden. Männchen haben zwei Z-Chromosomen, bekommen also von der Mutter sowohl ein Z-Chromosom wie auch die Mitochondrien.
Wenn ein außerpaarlicher Vater weniger kompatibel mit einem Weibchen ist als der soziale Partner, kann eine relativ größere Mortalität unter außerpaarlichen Töchtern das Geschlechterverhältnis verschieben. In verschiedenen Situationen ist dies plausibel.
Anhand von Daten des Hauszaunkönigs (Troglodytes aedon), einer nordamerikanischen Singvogelart, bei der gezeigt wurde, dass außerpaarliche Jungvögel mit größerer Wahrscheinlichkeit männlich sind, wurde die Hypothese der mitonuklearen Inkompatibilität retrospektiv überprüft. Konsistent mit der Hypothese gab es mehr nicht geschlüpfte Eier in Bruten mit außerpaarlichen Jungtieren und signifikante Unterschiede in der Varianz und der Schiefe in den Verteilungen zwischen außerpaarlichen und innerpaarlichen Geschlechterverhältnissen.
Hochschule Koblenz
Originalpublikation:
Neuhäuser, M., Johnson, L.S., Masters, B.S. et al. Mitonuclear incompatibility as an alternative hypothesis for male-biased offspring sex ratios arising from extra-pair matings. J Ornithol (2025). doi.org/10.1007/s10336-025-02284-2