Zarah Bruhn, Beauftragte für Soziale Innovationen im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) wies darauf hin, dass die Bedeutung sozialer Innovation zunehmendes Interesse finde. Dies betreffe auch die Frage, wie sich die Wirkung von Forschung besser messen lasse und damit nachvollziehbarer werde. Dafür müsse es einheitliche Standards geben. Bruhn unterstrich aber auch, dass soziale Innovationen immer auf Partizipation und Eigenverantwortung beruhten und die UN-Nachhaltigskeitsziele Grundlage des Forschens und Handelns seien.
Hochschulen bemühten sich, das Interesse für das Thema zu verbreitern und Forschung und Lehre mehr zu einer auf gesellschaftliche Veränderung gerichteten Forschung zu befähigen. Klar sei jedoch, soziale Innovationen entstünden weniger in Laboren als durch zivilgesellschaftliche Akteure. Hochschulen komme hierbei vor allem eine Vernetzerrolle zu. Daher seien Kooperationsprojekte zwischen Unis und Kommunen besser zu fördern und auch kleinere Unis im ländlichen Raum einzubeziehen.
Die Frage sei auch, wie das Thema soziale Innovationen stärker im Lehrbetrieb verankert werden könnten. Junge Menschen fragten zunehmend nach dem Sinn ihres Tuns. Hochschulen sollten darauf eingehen und größere Anreize für soziale Innovationen setzen. Anhand von Beispielen, etwa dem Car-Sharing-Modell, ließe sich etwa verdeutlichen, dass ihre Forschungen gesellschaftlichen Wandel förderten.
Für Christian Mohr vom UnternehmerTUM , einer Kooperation zwischen Wirtschaft und der TU München, ist Deutschland zwar ein „Hightechland mit Spitzenforschung“, aber im internationalen Vergleich doch „ein Leichtgewicht“. Nämlich dann, wenn es darum gehe, wissenschaftliche Innovationen in die Gesellschaft hineinzutragen. Mohr wies hier auf die USA hin, wo ein erfolgreicher Wissenstransfer in die Wirtschaft längst Normalität sei. Dort sei auch die Bereitschaft höher, Forschungsideen zu kommerzialisieren. Mittlerweile böten Unis auch hierzulande Gründungsseminare an und unterstützten so den Kontakt von Wissenschaft und Wirtschaft.
In einem ersten Schritt müssten allerdings „ Unternehmergeist“ und Gründungserfahrungen im Wertesystem von Wissenschaft und Forschung verankert werden. Auch gelte es den „Dschungel an Finanzierungsmöglichkeiten“ zu lichten. Vor allem müsste, betonte der Unternehmer, die Zusammenarbeit zentraler Akteure gebündelt werden, Mohr sprach von einer Arbeitsteilung: Hochschulen und Forschungseinrichtungen bildeten Talente aus und entwickelten neue Technologien, Start-Ups agierten als Motor für Innovationen, etablierte Unternehmen stellten die nötigen Ressourcen und Marktzugänge zur Verfügung und die öffentliche Hand schaffe die Rahmenbedingungen. Gelinge dieses Zusammenspiel, könne es auch dazu beitragen, die Nachfolgelücke im Mittelstand bei rund 300.000 Unternehmen zu schließen.
Als Vorbild auch für andere Bundesländer nannte Mohr die TU München, deren Erfolg unter anderem darauf basiere, dass mit der Initiative UnternehmerTUM an der Universität ein professionelles, wirtschaftlich unabhängiges Innovations- und Gründungszentrum existiere, das die Akteure von der Idee bis hin zum erfolgreichen Unternehmen begleite. Wichtig sei, dass diese wirtschaftlich eigenständig handelten und nicht über die öffentliche Hand finanziert würden.
Matthias Wanner vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie sprach über „Reallabore“ als Instrumente für Innovationen und Transformationen. Der Wissenschaftler sieht hier einen Ansatz, der zwei Forschungsstränge verbinde: Zum einen stelle er eine Ergänzung zur Grundlagenforschung dar, zum anderen sei er anwendungs- und partizipationsorientiert. Reallabore könnten, so Wanner, technische Innovationen schneller und sicherer testen, soziale Innovationen könnten soziale Praktiken wie eine veränderte Mobilitätskultur neu kombinieren und verbreiten.
Des Weiteren sollten Reallabore die Teilhabe ziviler Akteure an der Wissensproduktion stärken. Diese benötigten jedoch entsprechende Rahmenbedingungen sowie eine für deren Ziele angepasste Finanzierung. Zudem bräuchte es ebenso Wissensträger, sogenannte Intermediäre, welche die Ergebnisse in die Gesellschaft hineintrügen. Lösungsoffene Experimente sollten Kernmethode der Reallabore sein. Im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) werde derzeit an einem Reallabor-Gesetz gearbeitet, das Standards und Experimentierklauseln einführen soll. Zudem solle das Gesetz frühzeitig die Beschäftigung mit und soziale Begleitung von Technologiefolgen regeln. Es müsste auch eine so genannte Check-Schleife von Qualitätskriterien enthalten, um eine Vergleichbarkeit herzustellen, sagte Wanner.
Reallabore seien „kein Selbstzweck“, sondern ein Instrument zur nachhaltigen Veränderung der Gesellschaft. Sie seien auch kein „Wanderzirkus“, sondern sollten langfristig durch Ansprechpartner vor Ort lokal verankert sein.
Ausschuss für Bildung und Innovation, Forschung und Technologieabschätzung, hib