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Schimpansen in Ost-Afrika behandeln Wunden mit Insekten

Schimpanse
Schimpansen versorgen sich selbst und andere aus ihrer Gruppe bei Verletzungen mit Insekten. © Kayla Kolff

Schimpansen im Kibale-Nationalpark in Uganda verblüffen Forschende der Uni Osnabrück mit einem Verhalten, das bisher kaum dokumentiert wurde: Sie fangen fliegende Insekten und tragen sie gezielt auf eigene und Wunden von Gruppenmitgliedern auf. Diese Beobachtung könnte wichtige Hinweise auf die Verhaltensvielfalt von Schimpansen, ihre Kognition und die Ursprünge menschlicher Heilpraktiken liefern. 

Bislang war ein derartiges Verhalten nur bei einer einzigen Schimpansengemeinschaft in Zentralafrika beobachtet worden. Zwischen November 2021 und Juli 2022 konnten die Wissenschaftlerinnen jedoch auch sechs Tiere in Uganda dabei beobachten, wie sie sowohl bei sich selbst als auch bei Artgenossen fliegende Insekten auf offene Wunden auftrugen. „Die Ergebnisse lassen darauf schließen, dass die Anwendung von Insekten viel weiterverbreitet ist als bislang angenommen“, sagt Dr. Kayla Kolff von der Uni Osnabrück und Erstautorin der Studie.

Die Forschenden formulieren drei Hypothesen, die nun in weiteren Studien überprüft werden sollen: Wählen die Schimpansen gezielt bestimmte Insektenarten mit möglicherweise heilenden Substanzen? Wird das Verhalten kulturell weitergegeben und erlernt? Und steckt dahinter neben Selbstfürsorge auch das Verständnis, anderen zu helfen und ihre Schmerzen zu lindern?

Unabhängig davon, ob die Insekten tatsächlich medizinische Eigenschaften besitzen, liefern die Beobachtungen wertvolle Einblicke in die Verhaltensplastizität und Kognition von Schimpansen sowie die Evolution von Heilverhalten. Die Kombination aus Selbstmedikation und potentieller Fürsorge für Artgenossen könnte ein Vorläufer menschlicher Praktiken der Wundversorgung sein.

„In den 1980er Jahren waren es Beobachtungen an Schimpansen, die das Feld von Tierselbstmedikation begründeten, und nun rückt sie wieder einmal ins Zentrum der Diskussion über medizinische und kognitive Fähigkeiten sowie kulturelle Traditionen im Tierreich – und eröffnen somit ein neues spannendes Forschungsfeld, das wichtige Brücken zur Geschichte menschlicher Medizin schlägt“, sagt Prof. Simone Pika, Leiterin der Arbeitsgruppe Vergleichende Kognitionsbiologie an der Uni Osnabrück.

Universität Osnabrück


Originalpublikation:

Kolff, K., Acosta Flórez, D., Mascaro, A. et al. Insect applications to open wounds by chimpanzees in the wild: first insights from East African chimpanzees. Sci Rep15, 31242 (2025). doi.org/10.1038/s41598-025-16582-5