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Biodiversität und Klima unter Druck

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Die Biodiversität und das Klima sind in den vergangenen Jahren verstärkt unter Druck geraten. Darin war sich eine Mehrzahl der geladenen Sachverständigen in einem öffentlichen Fachgespräch des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit am 12.02. 2020 einig. Naturschutz und Klimaschutz müssten daher eng zusammen gedacht werden, befanden sie.

Steffen Pingen (Deutscher Bauernverband e.V.) verwies darauf, dass die Landwirte zu den Hauptbetroffenen des Klimawandels zählten. Als Landwirtschaftssektor habe man sich eigene Ziele gesetzt, um Emissionen zu senken und die Biodiversität zu fördern. "Die letzten Jahre haben gezeigt, der Wandel ist da und er ist spürbar", sagte der Sachverständige. Daher müsse die Resilienz gegenüber dem Klimawandel gestärkt werden. Gleichzeitig müssten wirtschaftlich tragfähige Lösungen gefunden werden, dies umfasse etwa das Arbeiten an neuen Kulturen und Sorten, die widerstandsfähiger seien. Darüber hinaus müssten Prognosemodelle und neue Strategien im Pflanzenschutz vorangebracht werden, forderte Pingen.

Auf vom Aussterben bedrohte Arten ging Josef Settele vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung ein. Die Krisen im Bereich Biodiversität und Klima seien nur in Kombination lösbar, sagte er. Ein gezieltes Management, um Lebensräume und Konnektivitäten wieder herzustellen, könne eine Lösung sein. Settele führte aus, dass die größten Treiber bei der Veränderung der Natur die veränderte Landnutzung, die direkte Ausbeutung wie etwa durch Fischerei und an dritter Stelle der Klimawandel seien. "Jedes Grad zählt, jeder Quadratkilometer zählt", betonte der Sachverständige im Hinblick auf die begrenzte Landoberfläche und eine Änderung der Ökosystemfunktionen durch Erwärmung. Gleichzeitig verwies er darauf, dass Szenarien zeigten, dass die Ziele für nachhaltige Entwicklung bis 2030 und auch die 2050-Vision für Biodiversität erreicht werden können.

Morten Jødal, ein Biologe aus Norwegen, verwies darauf, dass seit dem Jahr 1500 860 Spezies verloren gingen "Dies ist kein großer Verlust, zudem gehen die Aussterberaten runter", sagte er. Der Hauptgrund für den Verlust der Biodiversität sei der Verlust des Lebensraums, auf den die Landwirtschaft Einfluss habe. Der Klimawandel sei kein Haupttreiber für den Artentod, sagte Jødal. Er erklärte, dass die meisten der bedrohten Arten regional bedrohte Arten seien, die sich am Rande von Ausbreitungsgebieten befänden. Jødal verwies auch darauf, dass es seit der Eiszeit vor 11.000 Jahren zehn Wärmeperioden gegeben habe, die alle "insgesamt wärmer waren als heute" und, dass in den vergangenen 500 Jahren auch 12.000 neue Pflanzenarten entstanden seien.

Beate Jessel vom Bundesamt für Naturschutz betonte, dass der Klimawandel zu "erheblichen Veränderungen und Verschiebungen" führen werde, die über die natürliche Ausbreitungs- und Anpassungsfähigkeit der Systeme hinausgehe. Gleichzeitig sei die Natur nicht nur Betroffene, sondern könne auch Teil der Lösung sein, indem ökosystembasierte Ansätze gezielt eingesetzt würden, etwa im Bereich des Moor- und Grünlandschutzes. "Unter den Arten wird es Gewinner und Verlierer geben, aber in der Summe wird das Ausmaß der Verluste höher sein", sagte Jessel. In Deutschland könnten etwa bis zu 30 Prozent der heimischen Arten aufgrund des Klimawandels verschwinden, sagte sie. Ein weiterer Aspekt liege in der Entkoppelung ökologischer Beziehungen und dem Entzerren der Wirkungsbeziehungen. "Da gibt es Erkenntnisdefizite", sagte Jessel.

Dass der Mensch der wesentliche Treiber mit Blick auf Klima und Biodiversität in der Krise sei, befand auch Magnus J. K. Wessel (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.). Die Veränderungen durch den Klimawandel träfen ein bereits geschwächtes System. Einzelne Arten seien bei der Anpassung überfordert, sagte er. Es brauche daher konkrete Schritte, um beiden Krisen zu lösen. Er betonte, dass in Deutschland die Wälder am stärksten von der Klimakrise betroffen seien. Wessel plädierte auch dafür, dass der Moorschutz förderbar bleiben müsse, damit hochbedrohte Arten davon profitieren könnten. Neben Maßnahmen, wie einer Wiederherstellung des Biotopverbunds, brauche es aber auch Veränderungen im Konsumverhalten der Verbraucher, plädierte er.

Auf den starken Anstieg der Treibhausgasemissionen verwies Thomas Hickler vom Senckenberg Forschungszentrum Biodiversität und Klima. "Eine Erwärmung um fünf Grad wäre der Unterschied von einer Warmzeit und einer Eiszeit", sagte er. Das Risiko eines stärkeren Anstiegs dürfe auf keinen Fall eingegangen werden. Ein weiteres zentrales Problem sei der Meeresspiegelanstieg. Der Sachverständige verwies auch darauf, dass viele der Effekte indirekt seien, etwa könne die Risikostreuung bei der Baumartenwahl positive Effekte haben, die Bioenergieförderung hingegen sei "nicht immer förderlich für die Biodiversität" gewesen, so Hickler.

 

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit , hib