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Land unter im Küstenmoor – Die Rolle gläserner Mikroalgen an unserer Ostseeküste

Lichtmikroskopische Aufnahme von Glasschalen verschiedener, einzelliger Kieselalgen
Lichtmikroskopische Aufnahme von Glasschalen verschiedener, einzelliger Kieselalgen Konrad Schultz, Universität Rostock

Eine neue Studie zur Wiedervernässung eines Küstenmoores auf der Insel Rügen hat aufschlussreiche Erkenntnisse über die Rolle von Mikroalgen zu Tage gebracht. Insbesondere die Kieselalgen, eine Gruppe von Mikroalgen mit einer glasartigen Zellwand, erweisen sich als wertvolle Bioindikatoren, um die ökologischen Folgen von Überflutungen an der Ostseeküste besser zu verstehen, wie Forschende der Angewandten Ökologie und Phykologie der Universität Rostock aufzeigt haben.

Küstenmoore sind für das ökologische Gleichgewicht an der Ostseeküste von großer Bedeutung: sie dienen als CO2-Speicher, bieten Schutz vor Hochwasser und beherbergen eine Vielzahl einzigartiger Tiere, Pflanzen und Mikroorganismen. Ziel der Renaturierung von Küstenmooren, die häufig durch landwirtschaftliche Nutzung entwässert wurden, ist die Wiederherstellung dieser wertvollen Ökosysteme. Die im Jahr 2019 vom WWF und der Ostseestiftung initiierte Wiedervernässung des Küstenmoores „Polder Drammendorf“ im Südwesten der Insel Rügen, ermöglichte den Wissenschaftlern des Graduiertenkollegs Baltic TRANSCOAST der Universität Rostock nun eine detaillierte Analyse der Umweltveränderungen, die durch die Wiedervernässung in diesem Gebiet ausgelöst wurden.

Unter der Leitung von Prof. Ulf Karsten untersuchte das Team die Mikroalgen-Gemeinschaften vor und nach der Überflutung. Dabei stand besonders das sogenannte Mikrophytobenthos im Fokus: Diese auf dem Gewässergrund lebenden Mikroalgen leisten bis zu 30 Prozent der Photosynthese in Küstenökosystemen und tragen maßgeblich zur ökologischen Stabilität von Sedimenten bei. Die Kieselalgen mit ihrer glasartigen, mineralisierten Zellwand spielen dabei eine zentrale Rolle: Sie reagieren empfindlich auf Umweltveränderungen und dienen so als Bioindikatoren, die Veränderungen im Lebensraum dokumentieren und interpretierbar machen. Die „Glasschalen“ der Kieselalgen, die nach der Wiedervernässung gesammelt und analysiert wurden, gaben detaillierte Hinweise auf die neuen Umweltbedingungen im wiedervernässten Moor.

Die Studie zeigt, wie flexibel und anpassungsfähig Kieselalgen, auch bekannt unter dem Begriff Diatomeen, auf Überflutungen reagieren und wie gut sie Umweltveränderungen in dynamischen Küstensystemen abbilden können. „So konnten wir die Auswirkungen der Überflutung im Küstenmoor und im angrenzenden Kubitzer Bodden aufzeigen und eine hohe Artenvielfalt dokumentieren, darunter auch einige bisher unbekannte Arten“, so der Erstautor der Studie Dr. Konrad Schultz. „Die Ergebnisse zeigen auch, dass die Flutung zu dauerhaften Veränderungen in der Zusammensetzung des Mikrophytobenthos im Moor und sogar zu vorübergehenden Veränderungen im Bodden geführt hat.“

„Unsere Ergebnisse liefern wichtige Einblicke in die ökologischen Veränderungen von Küstenmooren nach Wiedervernässung und tragen dazu bei, zukünftige Renaturierungsprojekte gezielter zu planen“, betont Prof. Karsten. „Durch ihre Anpassungsfähigkeit und ihre Rolle als Bioindikatoren leisten Kieselalgen einen wichtigen Beitrag zur Identifizierung der wichtigsten sich ändernden Umweltfaktoren, zum Küstenschutz und letztendlich zum Verständnis dieser empfindlichen und einzigartigen Ökosysteme.“

Die Studie unterstreicht die Bedeutung der Kieselalgen nicht nur als faszinierende Mikroorganismen, sondern auch als zentrale Instrumente in der Küstenumweltforschung. Die gewonnenen Erkenntnisse sind ein wichtiger Schritt hin zu nachhaltigen Ansätzen im Küstenschutz und leisten einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung und Wiederherstellung der sensiblen Ostseeküsten-Ökosysteme.

Universität Rostock


Originalpublikation:

Schultz, K., Dreßler, M., Karsten, U., Mutinova, P.T., Prelle, L. R. (2024). Benthic diatom community response to the sudden rewetting of a coastal peatland. Science of The Total Environment, Vol. 995. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0048969724072103?via%3Dihub