Mikroorganismen im Boden sind stark eingeschränkt in ihrem Wachstum, weil es dort nur eine begrenzte Menge an energiereichen Kohlenstoffverbindungen gibt. An Pflanzenwurzeln kommen deutlich mehr von diesen organischen Substraten vor, die die Pflanze dort ausscheidet. Dadurch bildet sich im Boden um die Wurzel herum das sogenannte Rhizosphärenmikrobiom aus – bestehend aus Mikroorganismen, die die ausgeschiedenen Verbindungen nutzen.
Bis zu einem gewissen Grad steuern Pflanzen die Mikroorganismenzusammensetzung an der Wurzel. Ein großer Teil der Ausscheidungen soll der Pflanzenwurzel dabei helfen, in den Boden einzudringen und Nährstoffe aufzunehmen. Darüber hinaus dienen diese Ausscheidungen einigen bodenlebenden Mikroorganismen als Nährmedium. Unsere Daten zeigen, dass die Pflanze insbesondere an der Wurzelspitze sehr viel organischen Kohlenstoff abgibt, wobei sie anscheinend noch nicht allzu viel Kontrolle über die Mikroorganismenzusammensetzung hat. Wir wissen jedoch auch, dass bestimmte Gruppen von Mikroorganismen durch bestimmte Wurzelausscheidungen besonders gefördert werden.
Unsere Daten an Maispflanzen deuten darauf hin, dass eine Selektion entlang der Wurzel stattfindet. Das wichtigste Ergebnis dieser Arbeit ist, dass wir zeigen konnten, dass unterschiedliche Gattungen von Mikroorganismen an unterschiedlichen Stellen im Wurzelsystem besonders stark vom abgegebenen organischen Kohlenstoff profitieren. Bestimmte Gruppen wachsen besonders im Bereich der Wurzelspitze - vor allem diejenigen, die von den Ausscheidungen profitieren. Andere Gruppen nutzen den Bereich hinter der Spitze aus. Auch haben wir Unterschiede zwischen verschiedenen Wurzeltypen gesehen. Wir haben sogar Hinweise bekommen, welche Gruppen von Mikroorganismen den Kohlenstoff von anderen Mikroorganismen übernehmen, indem sie diese als ihre Nahrungsquelle nutzen.
Die Ergebnisse sind wichtig, da man bislang oft die gesamte Wurzel einer Pflanze analysiert hat. Mit unserer Arbeit zeigen wir, dass es räumliche Unterschiede innerhalb des Wurzelsystems gibt. Es bestehen Unterschiede zwischen verschiedenen Wurzeltypen, und es kommt zu Veränderungen in der Zusammensetzung des Mikrobioms entlang der Wurzel. Die größte Herausforderung war die verschiedenen Methoden zur Verfolgung des Kohlenstoffs vom CO2 in das Wurzelsystem der Pflanze, in die Rhizosphäre und dort bis in die Mikroorganismen über radioaktives 11C und stabiles 13C erfolgreich miteinander zu kombinieren.
Einen Anwendungsbezug gibt es noch nicht unmittelbar, aber perspektivisch. Wir wissen, dass verschiedene Mikroorganismen positive Wirkungen auf die Pflanze ausüben, sei es durch Unterstützung bei der Nährstoffversorgung, bei der Abwehr von Krankheitserregern oder aber bei der Reaktion auf abiotischen Stress wie Trockenheit. Das ist der Grund, weshalb Pflanzen eine gewisse Kontrolle ausüben hinsichtlich der Rekrutierung von Mikroorganismen in der Rhizosphäre. Wenn wir diese Mikroorganismen als sogenannte Biologicals im Pflanzenschutz oder als Biostimulanz zur Wachstumsförderung applizieren wollen, ist die Wirkung nicht immer in gleicher Weise gegeben. Wir haben noch kein ausreichendes Verständnis, was die Ursachen dafür sind.
Wir haben uns in dieser ersten Studie primär auf räumliche Unterschiede im Wurzelsystem fokussiert und möchten die zeitlichen Abläufe, die zur Etablierung des Mikrobioms entlang der Wurzel führen, noch besser verstehen. Es ist nicht nur die Menge der Wurzelausscheidungen entscheidend, wie sich das Rhizosphärenmikrobiom ausbildet, sondern auch die Zusammensetzung. Unser Wissen ist noch sehr lückenhaft zu verstehen, welche Organismengruppen wo von welchen organischen Kohlenstoffverbindungen gefördert werden. Diese Frage beschäftigt Wissenschaftler weltweit und ist herausfordernd.
Universität Bonn
Originalpublikation:
Schultes, S.R., Rüger, L., Niedeggen, D. et al. Photosynthate distribution determines spatial patterns in the rhizosphere microbiota of the maize root system. Nat Commun16, 7286 (2025). doi.org/10.1038/s41467-025-62550-y