Blattschwanzgeckos sind Meister der Tarnung und sehen meist sehr eigentümlich aus. Einige Arten haben Hautlappen um ihren Körper und den Kopf sowie einen abgeflachten Schwanz. Tagsüber ruhen sie mit ausgebreiteten Hautlappen mit dem Kopf nach unten auf Baumstämmen und fügen sich so nahtlos in ihre Umgebung ein, so dass sie kaum zu entdecken sind. Nachts erwachen sie und durchstreifen das Geäst auf der Suche nach Beute.
„Als wir die Tiere im Jahr 2000 erstmals entdeckten, haben wir bereits vermutet, dass es sich um eine noch unbekannte Art handelt“, sagt Dr. Frank Glaw, Kurator für Reptilien und Amphibien an der Zoologischen Staatssammlung München und Erstautor der Studie. „Aber ihre wissenschaftliche Beschreibung gestaltete sich schwierig. Es hat viele Jahre gedauert, bis wir genug Informationen gesammelt hatten, um sie sicher als neue Art zu identifizieren.“ Die Forscher:innen sammelten umfassende Informationen zur Genetik, Morphologie und der Verbreitung der Tiere. Es wurden mehrere Expeditionen in den Norden Madagaskars unternommen, um das Wissen über diese neue Art zu erweitern.
Eine Herausforderung bestand darin, dass der neue Gecko Uroplatus garamaso einer anderen Art, Uroplatus henkeli, bemerkenswert ähnlich ist. „Das ist oft der Fall bei den Reptilien Madagaskars“, erklärt Dr. Jörn Köhler vom Hessischen Landesmuseum Darmstadt. „Es gibt viele sogenannte ‚kryptische Arten‘, die manchmal lange auf taxonomische Bearbeitung warten.“ Die Autor:innen entdeckten allerdings einige Merkmale, die die beiden Arten voneinander unterscheiden. „Ein wichtiger Schlüssel zur eindeutigen morphologischen Unterscheidung war die Entdeckung, dass die Zungenspitze bei U. henkeli schwärzlich ist, während sie bei U. garamaso rosa ist“, sagt Dr. Philipp-Sebastian Gehring von der Universität Bielefeld. Auch ist die neue Art mit 20 cm Länge etwas kleiner als U. henkeli und hat einen schmaleren Schwanz.
„Die neue Art ist die jüngste in einer ganzen Reihe neu beschriebener Uroplatus-Geckos, die in den letzten Jahren in Madagaskar gefunden wurden“, ergänzt Dr. Fanomezana Ratsoavina von der Universität Antananarivo, Madagaskar, die über Blattschwanzgeckos promoviert hat.
„Wir stehen kurz vor der Fertigstellung des taxonomischen Inventars der Gattung, aber dies ist erst der Anfang unseres Verständnisses ihrer Evolution und Ökologie“, sagt Dr. Mark D. Scherz, Kurator für Herpetologie am Natural History Museum of Denmark. „Auch die verschiedenen Farbmerkmale in ihren Mündern, die so nützlich für die Identifizierung der verschiedenen Arten sind, haben womöglich eine uns völlig unbekannte Funktion. Es gibt viel, das wir noch nicht über diese Geckos wissen und was es zu erforschen gilt – dazu gehören ihre weiteren evolutionären Verwandtschaftsbeziehungen, wie auch ihr Verhalten.“
(Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns)
Originalpublikation:
Frank Glaw, Jörn Köhler, Fanomezana M. Ratsoavina, Achille P. Raselimanana, Angelica Crot-tini, Philip-Sebastian Gehring, Wolfgang Böhme, Mark D. Scherz & Miguel Vences (2023):
A new large-sized species of leaf-tailed gecko (Uroplatus) from northern Madagascar.
Salamandra 59(3): 239–261.