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Mit dem Klimawandel Schritt halten: Genetischer Austausch ermöglicht schnelle Anpassung bei Singvögeln

Männliche Steinschmätzer aus dem Oenanthe hispanica-Komplex.
Männliche Steinschmätzer aus dem Oenanthe hispanica-Komplex. Links, Maurensteinschmätzer (O. hispanica). Rechts oben und Mitte: Schwarz- und weisskehliger Balkansteinschmätzer (O. melanoleuca). Rechts unten: Nonnensteinschmätzer (O. pleschanka). Copyright: Reto Burri

Der Klimawandel verändert unsere Umwelt in rasantem Tempo – und stellt viele Tierarten vor große Herausforderungen. Ob sie sich anpassen können, hängt entscheidend von ihrer genetischen Vielfalt ab. Eine internationale Studie mit Beteiligung von Forschenden des Leibniz-Instituts zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB) zeigt nun, wie eng genetische Vielfalt und Anpassungsfähigkeit miteinander verknüpft sind.

Das Forschungsteam untersuchte die evolutionäre Entstehung der Gefiederfärbung bei Steinschmätzern (Gattung Oenanthe). Dabei zeigte sich: Nahe verwandte Arten konnten sich durch den Austausch von Erbanlagen, die für die Gefiederfarbe verantwortlich sind, schnell an neue Umweltbedingungen anpassen. 

Farben erzählen evolutionäre Geschichten
Veränderungen in einem einzigen Gen – dem sogenannten Agouti Signaling Protein (ASIP) – führten beim Balkansteinschmätzer (Oenanthe melanoleuca) zu einem weißen Gefieder an Kehle und Rücken. Die zugrundeliegenden Mutationen entstanden im natürlichen Verlauf der Evolution und wurden durch umfassende Genomvergleiche und populationsgenetische Analysen identifiziert. 

Diese genetischen Varianten wurden anschließend durch Kreuzung an den Maurensteinschmätzer (Oenanthe hispanica) weitergegeben. In beiden Arten ersetzte schließlich die weiße Rückenfärbung die ursprünglich schwarze. Die Kehlen zeigen heute beide Färbungen – schwarz und weiß –, was mit unterschiedlichen Nahrungsnischen der Tiere zusammenhängt.

„Unsere Ergebnisse zeigen eindrucksvoll, dass evolutionäre Innovationen oft das Ergebnis eines genetischen Mosaiks sind“, sagt Prof. Alexander Suh, Leiter des Zentrums für Molekulare Biodiversitätsforschung und der Sektion Molekulare Biodiversität am LIB. „Durch den Austausch von Erbinformationen über Artgrenzen hinweg entstehen neue Kombinationen genetischer Module – ein Prozess, der dazu beitragen kann, dass Arten sich rasch an neue Umweltbedingungen anpassen.“

Evolution als genetisches Mosaik
Während der schnelle genetische Austausch zwischen nah verwandten Arten kurzfristige Anpassungen ermöglicht, war für die langfristige Evolution der Gefiederfärbung in entfernter verwandten Steinschmätzern die Entstehung völlig neuer genetischer Varianten entscheidend. Die Forschenden betonen daher, wie wichtig es ist, genetische Vielfalt sowohl innerhalb als auch zwischen Arten zu bewahren – um die Anpassungsfähigkeit der Natur im Klimawandel zu sichern.

Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels


Originalpublikation:

Dave Lutgen et al. (2025): “A mosaic of modular variation at a single gene underpins convergent plumage coloration”, Science. https://doi.org/10.1126/science.ado8005

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