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Erfolgreiche Heilung einer HIV-Infektion nach Stammzelltransplantation

HIV
Leon Cords, Co-Autor der Studie, bei der Analyse von Gewebeproben. UKE/Robin Woost

Eine hämatopoetische Stammzelltransplantation zur Behandlung schwerer Blutkrebsarten ist die einzige medizinische Intervention, mittels derer in der Vergangenheit bereits zwei mit dem HI-Virus lebende Menschen geheilt werden konnten. Ein internationales Forschungsteam hat nun einen weiteren Fall identifiziert, in dem eine HIV-Infektion auf die gleiche Weise nachweislich geheilt werden konnte. In einer jetzt in Nature Medicine veröffentlichten Studie, an der DZIF-Wissenschaftler:innen aus Hamburg und Köln federführend beteiligt waren, wurde über zehn Jahre hinweg der erfolgreiche Heilungsprozess dieses dritten Patienten erstmalig detailliert virologisch und immunologisch charakterisiert.

Eine Infektion mit dem humanen Immundefizienz-Virus (HIV) galt bislang als unheilbar. Grund dafür ist, dass das Virus im Genom infizierter Zellen für lange Zeiten „schläft“ und dadurch sowohl für das Immunsystem als auch für antivirale Medikamenten unsichtbar und unerreichbar wird. Der „Düsseldorf-Patient“, ein heute 53 Jahre alter Mann, ist der weltweit nunmehr dritte Mensch, der durch eine Stammzelltransplantation vom HI-Virus vollständig geheilt werden konnte.

Der am Universitätsklinikum Düsseldorf aufgrund seiner HIV-Infektion behandelte Patient hatte wegen einer Blutkrebserkrankung eine Stammzelltransplantation erhalten. Wie in den Fällen der ersten beiden „Berlin“- und „London“-genannten Patienten erhielt der Düsseldorf-Patient Stammzellen von einem gesunden Spender, in dessen Genom eine Mutation im Gen für den HIV-1-Co-Rezeptor CCR5 vorliegt. Diese Mutation macht es den meisten HI-Viren unmöglich, in menschliche CD4+ T-Lymphozyten – ihre wichtigsten Zielzellen – einzudringen.

Im Anschluss an die Transplantation wurde der Patient über fast zehn Jahre hinweg sorgfältig virologisch und immunologisch überwacht. Dabei analysierten die Forschenden Blut und Gewebeproben des Patienten mit verschiedensten sensitiven Techniken, um sowohl den Verlauf der Immunantworten gegen HIV als auch die weitere Präsenz oder gar eine Vermehrung des Virus engmaschig zu überwachen und aufzuspüren. Bereits kurz nach Transplantation und über den Verlauf der Studienjahre hinweg wurde dabei weder vermehrungsfähiges Virus noch Antikörper oder reaktive Immunzellen gegen HIV detektiert. Vor mittlerweile mehr als vier Jahren wurde dann auch die antivirale Therapie gegen HIV abgesetzt. Zehn Jahre nach Transplantation und mehr als vier Jahre nach Beendigung der anti-HIV-Therapie konnte der Düsseldorf-Patient von dem internationalen Forschungskonsortium als geheilt erklärt werden.

„Dieser Fall der Heilung einer chronischen HIV-Infektion durch Stammzelltransplantation zeigt, dass HIV grundsätzlich geheilt werden kann,“ sagt Prof. Julian Schulze zur Wiesch, DZIF-Wissenschaftler am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und einer der Studienleiter. „Die Ergebnisse dieser Studie sind insbesondere auch für die weitere Erforschung einer Heilung von HIV für die große Mehrheit der Betroffenen, für die eine Stammzelltransplantation nicht in Frage kommt, enorm wichtig.“

Deutsches Zentrum für Infektionsforschung


Originalpublikation:

Jensen, BE.O., Knops, E., Cords, L. et al. In-depth virological and immunological characterization of HIV-1 cure after CCR5Δ32/Δ32 allogeneic hematopoietic stem cell transplantation. Nat Med (2023). doi.org/10.1038/s41591-023-02213-x