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Röteln-Verwandter: Rustrela-Virus verursacht gefährliche Katzenkrankheit

Hauskatze, Bild: PixabayCC0

Für Freigängerkatzen ist die „Staggering Disease“ (Feline Meningoencephalomyelitis) eine lebensbedrohliche Krankheit. Die Gehirn- und Rückenmarksentzündung von Europäischen Hauskatzen (Felis catus) wurde erstmals in den 1970er Jahren in Schweden beschrieben. Ein internationales Forschungsteam konnte nun endlich – rund 50 Jahre nach Entdeckung der Krankheit und unter maßgeblicher Beteiligung der Veterinärmedizinischen Universität Wien – mit dem Rustrela-Virus die Ursache identifizieren.

Lange Zeit galt das die Röteln des Menschen verursachende Rubellavirus als einziger Vertreter der Gattung der Rubiviren. Erst kürzlich wurden bei Tieren zwei weitere Rubiviren entdeckt, was vermuten lässt, dass das Rubellavirus – wie SARS-CoV-2 – als Zoonose zum Menschen fand.

Eines dieser zwei Rubiviren konnte nun ein internationales Forschungsteam – unter maßgeblicher Beteiligung der Institute für Pathologie (Herbert Weissenböck, Christiane Weissenbacher-Lang, Julia Matt) und Virologie (Norbert Nowotny, Jolanta Kolodziejek, Pia Weidinger) der Vetmeduni – in Katzen nachweisen und damit ein rund 50 Jahre altes wissenschaftliches Rätsel lösen. Die Wissenschafter:innen aus Deutschland, Schweden und Österreich klären mit dieser Entdeckung die Ursache der „Staggering Disease“, einer in diesen Ländern vorkommenden Gehirn- und Rückenmarksentzündung von Katzen.

Genanalyse identifiziert Rustrela-Virus als Krankheitserreger

Als Erreger wurde das Rustrela-Virus identifiziert, ein Verwandter des menschlichen Röteln-Virus. Dieses bis vor kurzem völlig unbekannte Virus erwies sich schon zuvor als Verursacher von Enzephalitisfällen bei Zootieren in Norddeutschland. „Mittels Next-Generation-Sequencing gelang es uns, virale Signaturen in Gewebeproben von erkrankten Katzen zu finden und anschließend die viralen Genome vollständig zu entschlüsseln. Außerdem konnten wir mit speziellen Nachweismethoden zeigen, dass sich die Viren in Nervenzellen der betroffenen Tiere vermehrten und dadurch die krankheitsursächliche Entzündungsreaktion auslösten“, beschreibt Studien-Coautor Herbert Weissenböck, Leiter des Instituts für Pathologie der Vetmeduni, wie die Forscher:innen dem Virus auf die Schliche kamen.

Infektionsgefahr für Freigängerkatzen

Laut anderen Studien scheinen Rustrela-Viren ihr natürliches Reservoir in Gelbhalsmäusen und Waldmäusen zu haben. Dadurch können sich Freigängerkatzen leicht infizieren. Zur dadurch verursachten „Staggering Disease“ haben Herbert Weissenböck und Norbert Nowotny eine spezielle Beziehung. Vor nunmehr 30 Jahren veröffentlichten sie gemeinsam mit dem Tierarzt Josef Zoher die erste Beschreibung von Staggering Disease in Österreich. „Aufgrund der pathologischen Veränderungen war uns bereits damals klar, dass es sich um eine Virusinfektion handeln muss. Allerdings waren die wissenschaftlichen Methoden damals noch nicht ausreichend, um diese Vermutung zu bestätigen“, so Studien-Coautor Norbert Nowotny vom Institut für Virologie der Vetmeduni.

In Schweden verbreitet, in Österreich derzeit keine Krankheitsfälle

Als eigenständige Krankheit wurde die Staggering Disease das erste Mal vor 50 Jahren in Schweden beschrieben, wo sie bis heute vorkommt. Die betroffenen Katzen zeigen Verhaltensänderungen und Bewegungsstörungen, die sich vor allem in Ataxien – daher die Bezeichnung Staggering disease („Taumelkrankheit“) – und in weiterer Folge Paresen und Paralysen der hinteren Extremitäten manifestieren.

In Österreich wurde die Krankheit ausschließlich im Marchfeld (Niederösterreich) mit einer auffällig hohen Inzidenz in den 1990er Jahren festgestellt. Danach ist die Krankheit immer seltener geworden und seit gut zehn Jahren wurden keine weiteren Fälle festgestellt. Die Gründe dafür sind unklar.

Veterinärmedizinische Universität Wien


Originalpublikation:

Matiasek, K., Pfaff, F., Weissenböck, H. et al. Mystery of fatal ‘staggering disease’ unravelled: novel rustrela virus causes severe meningoencephalomyelitis in domestic cats. Nat Commun14, 624 (2023). doi.org/10.1038/s41467-023-36204-w