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Mitochondrien stellen sich effizient auf veränderte Stoffwechselbedingungen ein

Mitochondrien bilden ein Netzwerk in der Zelle
Mitochondrien bilden ein Netzwerk in der Zelle (hier grün markiert). Foto: Mariya Licheva, Universität Freiburg

Eine aktuelle Studie erklärt einen wesentlichen Bestandteil für die einwandfreie Funktion von Mitochondrien: Die Proteinkomplexe MICOS und ATP-Synthase können miteinander kommunizieren. Dr. Heike Rampelt und Prof. Dr. Nikolaus Pfanner am Institut für Biochemie und Molekularbiologie der Universität Freiburg haben diesen wichtigen Mechanismus entdeckt, der sicherstellt, dass sich die Mitochondrien für den Stoffwechsel effizient auf veränderte Bedingungen einstellen können.

Die Studie entstand in Zusammenarbeit mit den Arbeitsgruppen von Prof. Dr. Martin van der Laan von der Universität des Saarlandes, Prof. Dr. Claudine Kraft von der Universität Freiburg sowie Prof. Dr. Ida van der Klei von der Universität Groningen/Niederlande und umfasst biochemische Methoden, Fluoreszenzmikroskopie von lebenden Zellen und Elektronenmikroskopie, mit deren Hilfe die Membranarchitektur sichtbar gemacht werden kann. Die Arbeit erschien in der Fachzeitschrift Cell Reports.

Zellatmung der inneren Mitochondrien-Membran

Mitochondrien, die Kraftwerke der Zelle, leisten einen enormen Beitrag zur Energieversorgung des Körpers, indem sie Stoffwechselprodukte mit Hilfe von Sauerstoff verbrennen. Diese Zellatmung findet in der inneren der beiden Mitochondrien-Membranen statt, die im Gegensatz zur äußeren Membran stark gefaltet ist. Der räumliche Aufbau dieser Einfaltungen, der sogenannten Cristae-Membranen, wirkt sich maßgeblich auf die Effizienz der Zellatmung aus und ist wichtig für viele Funktionen von Mitochondrien. Daher wird die Architektur der Cristae genau kontrolliert und dynamisch an den Zellstoffwechsel angepasst. Defekte in diesen Prozessen führen zu schweren Erkrankungen beim Menschen.

Kommunikation von MICOS-Komplex und ATP-Synthase

Zwei Proteinkomplexe in der inneren Mitochondrien-Membran, ohne die eine normale Membranarchitektur nicht möglich ist, sind die F1Fo-ATP-Synthase, die auch an der Bereitstellung von Energie beteiligt ist, sowie der MICOS-Komplex (mitochondrial contact site and cristae organizing system). Diese Proteinkomplexe gelten als Gegenspieler; sie sitzen an unterschiedlichen Stellen der inneren Membran und krümmen die Membran in entgegengesetzte Richtungen. Unklar war bislang, wie die Funktionen dieser beiden Proteinkomplexe aufeinander abgestimmt werden können. Das Team um Rampelt und Pfanner zeigt nun, dass MICOS und ATP-Synthase miteinander kommunizieren können. Diese wechselseitige Kommunikation ist wesentlich für die einwandfreie Funktion der Mitochondrien. Eine Untereinheit von MICOS, Mic10, wandert zur ATP-Synthase und stabilisiert die Zusammenlagerung mehrerer ATP-Synthasen zu großen Komplexen. Diese neue regulatorische Funktion von Mic10 ist wichtig für den Stoffwechsel und eine effiziente Atmung. „Die Kommunikation zwischen den beiden Komplexen ist vermutlich der Schlüssel zu einer gut koordinierten Biogenese der inneren Mitochondrien-Membran", erklärt Rampelt.

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg


Originalpublikation:

Rampelt, H., Wollweber, F., Licheva, M., de Boer, R., Perschil, I., Steidle, L., Becker, T., Bohnert, M., van der Klei, I., Kraft, C., van der Laan, M., Pfanner, N. (2022): Dual role of Mic10 in mitochondrial cristae organization and ATP synthase-linked metabolic adaptation and respiratory growth. In: Cell Reports, 38:110290. DOI: https://doi.org/10.1016/j.celrep.2021.110290