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Fossil enthüllt frühe Evolution der Stechmücken

Bernstein mit Stechmücke
Fossil enthüllt frühe Evolution der Stechmücken © André Amaral, AG Haug

Ein seltener Fossilfund zeigt, wie weit die Ursprünge der heute lebenden Stechmückenarten zurückreichen. 

In 99 Millionen Jahre altem Bernstein entdeckten LMU-Forschende die bisher älteste bekannte Stechmücken-Larve. Das kreidezeitliche Fossil stammt aus der Region Kachin in Myanmar und hat sich in ausgezeichnetem Zustand erhalten. Es konnte als neue Art einer neuen Gattung beschrieben werden und trägt nun den Namen Cretosabethes primaevus. Dieser erste fossile Nachweis einer Stechmückenlarve in Bernstein stellt gleichzeitig den ersten Fossilfund einer Mückenlarve aus dem Mesozoikum dar, denn aus diesem Erdzeitalter waren bislang ausschließlich Fossilien von adulten Mücken bekannt. 

Noch bemerkenswerter ist jedoch der Körperbau des Insekts: „Dieses Fossil ist einzigartig, weil die Larve den modernen Arten sehr ähnelt – im Gegensatz zu allen anderen bekannten Fossilfunden von Steckmücken aus dieser Zeit, die sehr ungewöhnliche und bei heutigen Arten nicht mehr vorhandene morphologische Merkmale aufweisen“, sagt Zoologe André Amaral, Erstautor der Studie und Doktorand im Team von Professor Joachim Haug an der Fakultät für Biologie.

Diese ältesten bekannten Fossilien von Stechmücken stammen von adulten Tieren und wurden ebenfalls in etwa 99 Millionen Jahre alten Bernsteinablagerungen gefunden. Aufgrund ihres stark von modernen Arten abweichenden Körperbaus werden sie der Gruppe Burmaculicinae zugeordnet, einer ausgestorbenen Linie innerhalb der Gruppe der Stechmücken (Culicidae). Cretosabethes primaevus hingegen gehört zur Gruppe Sabethini, die auch rezente Arten umfasst.

Die evolutionären Ursprünge der Stechmücken werden anhand der bislang bekannte Fossilien vor etwa 201–145 Millionen Jahren im Zeitalter des Jura verortet. Die Schätzungen aufgrund molekularer Phylogenien gehen weit auseinander und liefern Ergebnisse zwischen der Trias und dem Jura. Der Fund der LMU-Forschenden liefert nun neue Hinweise: „Unsere Ergebnisse deuten sehr darauf hin, dass die Gruppe der Stechmücken sich bereits im Jura diversifiziert hat und dass die Morphologie ihrer Larven seit fast 100 Millionen Jahren bemerkenswert ähnlich geblieben ist“, so Amaral. Dies stelle bisherige Annahmen über die frühe Evolution dieser Insektengruppe infrage und ermögliche neue Einblicke in ihre ökologische Entwicklungsgeschichte.

Wie die Larven der heutigen Arten aus der Gruppe Sabethini lebten demnach auch jene von Cretosabethes primaevus in kleinen Wasseransammlungen, wie sie sich in Astmulden oder zwischen den Blättern epiphytischer Pflanzen bilden. Dass ein Tropfen Harz in so ein Kleinstgewässer fällt und auf diese Weise eine aquatische Larve in Bernstein konserviert wird, ist jedoch eher unwahrscheinlich und somit ein seltener Glücksfall für die Wissenschaft. Die meisten Bernsteinfossilien stammen von terrestrischen oder fliegenden Tieren, die auf und in der Nähe von Harz produzierenden Bäumen lebten. Die häufigsten Gruppen von Arthropoden, die in myanmarischem Bernstein gefunden werden, sind Spinnen, Käfer, Hautflügler (Bienen, Wespen und Ameisen) und Wanzen (Hemiptera) sowie adulte Fliegen (Diptera).

Ludwig-Maximilians-Universität München


Originalpublikation:

André Amaral, Art Borkent, Viktor Baranov, Carolin Haug, and Joachim Haug. First fossil mosquito larva in 99-million-year-old amber with a modern type of morphology sheds light on the evolutionary history of mosquitoes (Diptera: Culicidae). Gondwana Research, 2025. https://doi.org/10.1016/j.gr.2025.09.011

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