VBIO
Aktuelles aus den Biowissenschaften

COP15: Mehr Artenschutz und Erhalt der Biodiversität in Montreal vereinbart

COP 15
PixabayCC0

Nach Abschluss der Verhandlungen der Vertragsparteien des Übereinkommens über biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD) über eine Folgevereinbarung (Post-2020 Global Biodiversity Framework) bei der Conference of the Parties (COP15) in Montreal gibt der Wissenschaftliche Direktor des Leibniz-Instituts DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH Prof. Dr. Jörg Overmann ein Statement ab. Der Mikrobiologe war vom 6. bis 14. Dezember als Delegationsmitglied der Deutschen Forschungsgemeinschaft beim COP15 im kanadischen Montreal.

Statement Prof. Dr. Jörg Overmann:
„In der laut eigener Pressemitteilung als „historisch“ bezeichneten Rahmenvereinbarung zur globalen Biodiversität haben sich die Vereinten Nationen auf eine Reihe durchaus beeindruckender, quantitativer Ziele für den globalen Biodiversitätsschutz geeinigt. Dazu zählen insbesondere die Einrichtung von Schutzgebieten auf 30 Prozent der Erdoberfläche sowie eines speziellen Treuhandfonds in Höhe von 20 Milliarden Dollar zur Unterstützung des Globalen Südens bei der Umsetzung der Rahmenvereinbarung. Nach der zunächst eher festgefahrenen Verhandlungssituation dürfte der gemeinsame Beschluss der Rahmenvereinbarung für die meisten Konferenzteilnehmer einen ermutigenden Schritt zur Bewältigung der Biodiversitätskrise darstellen.

Wie bei internationalen Vereinbarungen nicht anders zu erwarten, lässt die Rahmenvereinbarung einigen Spielraum bei der Auslegung. Denn die tatsächliche Form der Umsetzung wird durch jedes Land selbst festgelegt. Dazu haben sich die Vertragsstaaten bereit erklärt, nach Möglichkeit ihre sogenannten Nationalen Biodiversitäts- und Aktionspläne bis zur nächsten COP16 in zwei Jahren zu überarbeiten und aktualisieren. Für die Überwachung der Umsetzung wurde den Vertragsstaaten mit den Konferenzdokumenten eine Liste möglicher Messgrößen an die Hand gegeben, die individuell anzupassen ist. Erste Berichte der Vertragsstaaten über die Umsetzung sind dann für die Jahre 2026 und 2029 vorgesehen. Viele der Vereinbarungen bleiben also auf der prozeduralen Ebene. Hervorgehoben wird die Notwendigkeit einer technischen und wissenschaftlichen Kooperation, um einkommensschwache Länder bei der effektiven Umsetzung der globalen Biodiversitäts-Rahmenvereinbarung wirkungsvoll zu unterstützen. Dies ist sicher zielführend. Wie effektiv und wie schnell sich nun der anhaltende Artenschwund tatsächlich aufhalten lässt, wird allerdings von den konkreten Umsetzungsmaßnahmen auf den nationalen und lokalen Ebenen und von der Akzeptanz der Bevölkerung abhängen. Das erinnert auch uns in Deutschland daran, dass es beim Natur- und Artenschutz mindestens ebenso um neue, herausfordernde Maßnahmen im eigenen Land wie um solche wie beispielsweise im Amazonas-Regenwald geht.

Laut Abschlussdokument sind die Gewinnung, Zugänglichkeit und Nutzung von Digitaler Sequenzinformation relevant für die Forschung, Innovation, die nachhaltige Entwicklung. Der Wert des Zugangs zu Daten in öffentlichen Datenbanken wird ausdrücklich anerkannt und das Hochladen weiterer Sequenzdaten in diese Datenbanken ausdrücklich befürwortet. Die Verfügbarkeit, Gewinnung und Analyse sowie ein funktionierender Austausch von Digitaler Sequenzinformation ist laut Rahmenvereinbarung ein wichtiges Element des Kapazitätsaufbaus im Globalen Süden. Zudem wird ein multilateraler Mechanismus für den finanziellen Vorteilsausgleich bei der Nutzung Digitaler Sequenzinformation als eine wichtige Finanzquelle für den Treuhandfonds gesehen. In den kommenden zwei Jahren soll daher zunächst ein multilateraler Mechanismus für den Vorteilsausgleich durch eine internationale Arbeitsgruppe genauer konzipiert, durch begleitende Studien analysiert und dann der COP16 empfohlen werden. Damit konnten die zuvor auch diskutierten massiven Einschränkungen des freien Datenaustauschs zunächst abgewendet werden. Solche Einschränkungen hätten die Erfassung und Erforschung der Biodiversität und damit ihren Schutz in Frage gestellt und damit das Abkommen de facto konterkariert.

Die Beteiligung der Wissenschaft während der Verhandlungen in Montreal war aus meiner Sicht essentiell und auch recht erfolgreich. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die akademische Forschung und Wissenschaft erstmalig als eigenständiges Gremium sichtbar wurden und die wissenschaftlichen Argumente gerade zur Digitalen Sequenzinformation wirksam in den Verhandlungsprozess eingespeist werden konnten. Es ist davon auszugehen, dass die Wissenschaft nun auch für die Umsetzung der neuen Rahmenvereinbarung in den kommenden Jahren wichtige Fakten und Argumente liefern muss und wird.“

Leibniz-Institut DSMZ