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Wald in Kulturlandschaften: Forschungsteam entwickelt Konzept zur Förderung der Biodiversität

Lacandona-Regenwald im Südosten Mexikos: Das ein Hektar große Waldstück in der Mitte hat hohe Bäume, die als Nistplatz seltener Ara-Papageien dienen.
Lacandona-Regenwald im Südosten Mexikos: Das ein Hektar große Waldstück in der Mitte hat hohe Bäume, die als Nistplatz seltener Ara-Papageien dienen. Foto: Victor Arroyo-Rodriguez

Wälder, insbesondere in den Tropen, beherbergen die weltweit größte Artenvielfalt, sind aber durch die fortschreitende Landnutzung gefährdet. Ein internationales Forschungsteam mit Beteiligung der Universität Göttingen hat untersucht, wie hoch der Waldanteil in Kulturlandschaften sein muss, um die meisten Tier- und Pflanzenarten zu schützen, die von diesem Lebensraum abhängen. Die Waldanteile müssen bei mindestens 40 Prozent liegen, wobei rund zehn Prozent in großen Schutzgebieten und 30 Prozent in der Landschaft zerstreut sein können.

Die Waldfragmente sollten am besten von einer Landschaft mit kleinräumiger, strukturreicher Landbewirtschaftung umgeben sein, um die Wahrscheinlichkeit des Aussterbens der Populationen zu verringern. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Ecology Letters erschienen.

Die Forscherinnen und Forscher unter Leitung von Dr. Victor Arroyo-Rodriguez von der Nationalen Autonomen Universität von Mexiko werteten für die Studie Literatur aus und stellten Konzepte zur Gestaltung von Kulturlandschaften vor, die für den nachhaltigen Schutz von Wald-Spezialisten und Wald-Generalisten geeignet sind. Dazu braucht es große bewaldete Anteile. Diese bereits früher gewonnene Erkenntnis hat beispielsweise in Brasilien zum Brazilian Forest Code geführt, einem Gesetz aus dem Jahre 1965. Demnach müssen Landwirtschaftsbetriebe im Bereich des Amazonas bis zu 80 Prozent ihrer Fläche als bewaldete Schutzgebiete ausweisen.

Beim Waldschutz geht es aber nicht nur um große Wälder, sondern auch um kleine Waldstücke, die über die ganze Landschaft oder Region verteilt sein sollten, um so ein Maximum der Lebensraumvielfalt und Biodiversität zu schützen. Kulturlandschaften, die kleinstrukturiert sind und einen hohen Anteil an Agroforstsystemen oder Kulturen wie zum Beispiel Obstbäume aufweisen, fördern den Erhalt der Wald-typischen Artenvielfalt. Uferstreifen, Waldkorridore und Sukzessionsflächen, also Flächen, auf denen für den Standort typische Pflanzen und Tiere nach einer Störung des Lebensraumes wieder zurückkehren, verringern auch die Wahrscheinlichkeit, dass Tiere und Pflanzen aussterben.

„Alle Maßnahmen zur Erhöhung des Naturschutzwerts in Kulturlandschaften haben dann die größte Effizienz, wenn sie eine wesentliche Verbesserung darstellen. Dies ist der Fall in Landschaften, die schon starke Lebensraumverluste erlitten haben, nicht aber in ohnehin sehr vielfältigen Landschaften“, betont Prof. Dr. Teja Tscharntke, Leiter der Abteilung Agrarökologie der Universität Göttingen und Koautor. „Allerdings muss die Priorität im Naturschutz beim Erhalt der verbliebenen großen, alten Waldlandschaften liegen, insbesondere in den Tropen.“

Georg-August-Universität Göttingen


Originalpublikation:

Victor Arroyo-Rodriguez et al.: Designing optimal human-modified landscapes for forest biodiversity conservation. Ecology Letters.

https://doi.org/10.1111/ele.13535