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Knochenfische, Korallen und aktive Tiere leiden unter Meerwassererwärmung

Das Aussterberisiko von Meeresorganismen – gemittelt über sechs erdgeschichtliche Phasen einer globalen Klimaerwärmung
Das Aussterberisiko von Meeresorganismen – gemittelt über sechs erdgeschichtliche Phasen einer globalen Klimaerwärmung – zeigt, dass bestimmte Tiergruppen stärker gefährdet sind als sonst. Copyright: Elke Siebert, Museum für Naturkunde Berlin

Die Anfälligkeit von Tieren während rascher Erwärmungsphasen der Ozeane in den letzten 300 Millionen Jahren Erdgeschichte haben Forschende des Museums für Naturkunde Berlin und der Universität Erlangen-Nürnberg ermittelt und mit dem Aussterberisiko in Zeitintervallen ohne drastische Temperaturerhöhung des Meerwassers verglichen. Die mit Fossilien gewonnenen Ergebnisse geben einen Hinweis darauf, welche Meerestiere besonders empfindlich auf den Klimawandel reagieren.

Der moderne Klimawandel weißt Parallelen zu weit zurückliegenden natürlichen Erwärmungsereignissen auf, die im Extremfall bis zu 80% aller Meerestiere ausrotteten. Ein neuer Artikel in der Zeitschrift Global Change Biology deutet darauf hin, dass sich die Opfer von Wärmekrisen signifikant von den Opfern anderer Krisen unterscheiden. Die Autoren, die für ihre Studie eine umfangreiche Datenbank zur Verbreitung fossiler Tierarten auswerteten, führen dies darauf zurück, dass Tiere mit bestimmten ökologischen Ansprüchen eher an ihre Toleranzgrenzen stoßen als andere.

Mehrere der Gruppen, die während der Vergangenheit am anfälligsten auf eine Klimaerwärmung reagierten, zeigen ähnliche Veränderungsmuster in der heutigen Meeresfauna. Dies betrifft zum Beispiel Korallenriffe, die in der Vergangenheit immer besonders stark von Wärmekrisen betroffen waren und auch heute besonders unter der Klimaerwärmung leiden. Knochenfische waren anfälliger als Knorpelfische wie Haie und Rochen. Knochenfische zeigen auch heute bereits ausgeprägte Wanderungen in höhere Breitengrade, um in kühleres Meerwasser zu gelangen. Sich aktiv fortbewegende Organismen waren durchschnittlich stärker von Wärmekrisen betroffen als stationär lebende Tiere: "Warmes Wasser enthält weniger Sauerstoff als kühles Wasser. Das beeinträchtigt vor allem Organsimen mit hohem Sauerstoffverbrauch, wie es bei schwimmenden und aktiv grabenden Tieren der Fall ist", erklärt Carl Reddin vom Museum für Naturkunde, der die Studie leitete.

Die Tatsache, dass wir bereits jetzt sehen, wie diese Gruppen auf die anthropogene globale Erwärmung reagieren, bedeutet, dass ein weitreichendes Aussterben in naher Zukunft möglich sein könnte, wenn die CO2-Emissionen nicht gesenkt werden. "Unsere neue Studie legt nahe, welche Meeresorganismen am stärksten vom globalen Aussterben bedroht sind. Damit können wir einen Ausblick auf mögliche langfristige Folgen der gegenwärtigen globalen Erwärmung geben und Handlungsempfehlungen für den Naturschutz ableiten", sagt Martin Aberhan vom Museum für Naturkunde, ein Mitautor dieser Studie.

Museum für Naturkunde Berlin


Originalpublikation:

Carl J Reddin, Ádám T Kocsis, Martin Aberhan, Wolfgang Kiessling (2020). Victims of ancient hyperthermal events herald the fates of marine clades and traits under global warming. – Global Change Biology

https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/gcb.15434