Spätestens seit den Bildern der ausgetrockneten Po-Ebene von 2022 und der Waldbrände in Griechenland dieses Jahr ist klar: Extreme Dürre ist längst vor unserer Haustür angekommen. Die Konsequenzen für uns Menschen und die Pflanzenwelt sind u.a. Ernteausfälle, verdorrte Wiesen oder Wasser-Rationierung. Wie sich Trockenheit im Boden auf die dort lebenden Mikroorganismen auswirkt, bleibt dem bloßen Auge jedoch verborgen.
Bodenmikroorganismen spielen eine zentrale Rolle im Ökosystem. Sie sind zuständig für die Fruchtbarkeit des Bodens, helfen Pflanzen bei der Nährstoffaufnahme und bestimmen, ob Böden CO2 speichern oder freigeben. Dadurch beeinflussen sie sogar die Entwicklung des Klimawandels. Bisher war es nicht möglich, die Aktivität von Mikroorganismen in trockenen Böden zu messen. Dank einer neuartigen Methode, entwickelt von Wissenschafter*innen der Universität Wien, kann nun die bakterielle Aktivität während Dürreperioden beobachtet werden.
Wasserdampf als Marker für mikrobielle Aktivität
Die Forscher*innen verwendeten dazu Bodenproben aus dem Freilandexperiment "ClimGrass" in der Steiermark, das der Erforschung der Folgen des Klimawandels im Grünland dient. Dazu erhöhen Infrarotstrahler die Temperatur im Ökosystem auf zu erwartende Niveaus und auch die atmosphärischen CO2-Konzentrationen werden für diese Zwecke künstlich angepasst.
Für die aktuelle Studie inkubierten die Wissenschafter*innen Bodenproben mit isotopisch-markiertem Wasserdampf. Die wachsenden Bakterien bauten den Sauerstoff aus dem Wasserdampf in ihre DNA ein, wenn sie sich teilten. "Die meisten Bakterien hörten mit zunehmender Trockenheit auf zu wachsen. Das galt jedoch nicht für alle Mikroorganismengruppen gleichermaßen", erklärt Dennis Metze, Erstautor der Studie. Das Wachstum der Bakterien unter Dürre war abhängig davon, ob die Böden aktuellen oder zukünftigen klimatischen Bedingungen ausgesetzt waren.
Mikrobielle Gemeinschaften könnten in Zukunft trockentoleranter werden
"Die Simulation des zukünftigen Klimas führte dazu, dass mehr Bakterien trotz Dürre aktiv blieben", erklärt Ökosystemforscher Andreas Richter, Leiter des CeMESS der Universität Wien. Ein besonders trockentolerantes Bakterium aus der Gattung Streptomyces wurde sogar häufiger in trockenen Böden gefunden. Das fadenförmige Wachstum dieses Bakteriums könnte es ihm ermöglichen, voneinander getrennte Poren in trockenen Böden zu "überbrücken". Solche Bakterien könnten Pflanzen helfen, Dürre besser zu überstehen.
Die Ergebnisse dieser Studie bieten wertvolle Einblicke in die Resilienz und Anpassungsfähigkeit von Bodenmikroorganismen angesichts zunehmender Dürren aufgrund des Klimawandels. Da diese winzigen Organismen eine gewaltige Rolle bei der Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit, der Unterstützung des Pflanzenwachstums und der Regulierung der Kohlenstoffspeicherung spielen, ist das Verständnis ihres Verhaltens sowohl für unsere Ökosysteme als auch für landwirtschaftliche Sektoren von entscheidender Bedeutung.
Universität Wien
Originalpublikation:
Metze, D., Schnecker, J., Canarini, A., Fuchslueger, L., Koch, B., Stone, B., Hungate, B. Hausmann, B., Schmidt, H., Schaumberger, A., Bahn, M., Kaiser, C. & Richter, A. Microbial growth under drought is confined to distinct taxa and modified by potential future climate conditions. Nature Communications 14, 5895 (2023).
DOI: 10.1038/s41467-023-41524-y, https://www.nature.com/articles/s41467-023-41524-y