VBIO

Standpunkte aus der Wissenschaft

Verschiedene europäische Akademien und Wissenschaftsorganisationen - darunter auch der VBIO - haben sich an der Debatte, wie die Methoden des Genome Editing zu bewerten sind, eingebracht. Sie haben eigene, teils umfängliche Positionspapiere vorgelegt.

 

Wissenschaftlicher Beirat der Europäischen Akademien - EASAC
In seiner Stellungnahme zu neuen Züchtungsverfahren, die im Juli 2015 veröffentlicht wurde,  argumentiert der Wissenschaftliche Beirat der Europäischen Akademien - EASAC, ein Gremium nationaler Wissenschaftsakademien der EU-Mitgliedstaaten, dass die Organismen neuer Züchtungsverfahren und daraus gewonnene Produkte nicht unter die GVO-Gesetzgebung fallen sollten. Der Bericht weist auf die nachteiligen Auswirkungen der gegenwärtigen restriktiven Rahmenbedingungen für gentechnisch veränderte Pflanzen in der EU hin, und darauf, dass eine pauschale Unterstellung der Produkte der neuen Züchtungsverfahren unter die herkömmlichen GVO Bestimmungen die Innovationskraft der europäischen Pflanzenzüchtung deutlich einschränken würde.
Vom wissenschaftlichen Standpunkt her, so die Ausführungen, sind viele Produkte der neuen Züchtungsverfahren nicht als gentechnisch verändert einzustufen und auch nicht von herkömmlich gezüchteten Sorten zu unterscheiden. Nach Ansicht des EASAC hat die EU-Gesetzgebung weder mit den Fortschritten der Pflanzenzüchtung noch mit denen der Sicherheitsforschung für GVO-Pflanzen Schritt gehalten. Unklarheiten bei den regulatorischen Bestimmungen sollten daher so schnell wie möglich ausgeräumt werden. Dabei sollte sich die Gesetzgebung an wissenschaftlichen Fakten und verfügbaren Erfahrungen aus der Praxis orientieren. Schließlich regt der EASAC an, künftig bei den Zulassungsverfahren für Pflanzen verstärkt die Eigenschaft des Produkts zu beurteilen, und weniger Gewicht auf den Herstellungsprozess und die dabei eingesetzte Technologie zu legen.
Der EASAC fordert, die derzeitigen rechtlichen Unsicherheiten zu beseitigen, und fordert die EU-Regulierungsbehörden auf, zu bestätigen, dass die Produkte aus neuen Züchtungstechniken, wenn sie keine fremde DNA enthalten, nicht in den Geltungsbereich der GVO-Gesetzgebung fallen.


Eidgenössische Fachkommission für biologische Sicherheit - EFBS 
Die Schweizer Eidgenössische Fachkommission für biologische Sicherheit EFBS hat im Mai 2015 ebenfalls einen Bericht zu neuen Pflanzenzuchtverfahren vorgelegt, und darin eine Reihe der neuen Verfahren beurteilt (). Das Expertengremium weist darauf hin, dass sich die Produkte mancher neuen Pflanzenzuchtverfahren nicht von herkömmlich gezüchteten Pflanzen unterscheiden. In diesem Fall seien sie auch in Bezug auf die Sicherheit für Anwender und Konsumenten als gleichwertig zu beurteilen, unterstehen jedoch momentan den restriktiven Bestimmungen des Schweizer Gentechnik-Rechtes. Die EFBS beantragt daher zu überprüfen, ob sich die strikte Interpretation der prozessorientierten Regelung von GVO auf Produkte der neuen Pflanzenzuchtverfahren weiterhin rechtfertigen lässt und ob allenfalls die Definition von GVO überdacht werden sollte.


Europäische Organisation für Pflanzenwissenschaften - EPSO
Als Reaktion auf die Bedenken von Wissenschaftlern in der EU hinsichtlich der Möglichkeit, Genome Editing-Techniken in ihrer Forschung zu verwenden, hat die Europäische Organisation für Pflanzenwissenschaften - EPSO, die mehr als 220 europäische öffentlich geförderte Forschungsinstitute vertritt, im Februar 2015 eine Erklärung abgegeben, in der sie die Ergebnisse der von der EU eingerichteten New Techniques Working Group (NTWG) von 2012 begrüßt. Die Kommission wird aufgefordert, dringend ein Leitliniendokument zu erstellen, das den Empfehlungen dieses Berichts folgt und den rechtlichen Status der neuen Züchtungstechniken, einschließlich der Methoden des Genome Editing, klärt. In der EPSO-Erklärung wird betont, dass die gesetzliche Definition eines GVO für die meisten neuen Züchtungstechniken nicht gilt. Denn diese Techniken fallen entweder unter die bereits in der Gesetzgebung festgelegten Ausnahmen gemäß Richtlinie 2001/18/EG; Anhang 1A Teil 2, Anhang 1B, oder sie sollten ausgenommen werden, da sich die mit diesen Techniken erstellten Pflanzen nicht von Pflanzen unterscheiden, die durch traditionelle Züchtung gewonnen wurden.


Britischer Forschungsrat für Biotechnologie und Biowissenschaften - BBSRC
Nach Ansicht des BBSRC sollte die Bewertung  neuer Pflanzensorten nicht aufgrund der  Methode, mit der sie produziert wurden, erfolgen, sondern auf der Basis des pflanzlichen Endproduktes (http://www.bbsrc.ac.uk/documents/genetic-crop-improvement-position-statement-pdf).


Französischer Hoher Rat für Biotechnologie – HCB
Der HCB teilt die Auffassung, dass die Sicherheit neuer Pflanzensorten anhand ihrer Merkmale bewertet werden sollte und nicht anhand der Methode, mit der sie produziert wurden.


Französische Akademie für Landwirtschaft - AAF und Nationale Akademie für Technik – NATF
Aus Sicht der französischen Akademie für Landwirtschaft - AAF und der Nationalen Akademie für Technik - NATF können Techniken der gezielten Mutagenese grundsätzlich von den Techniken unterschieden  werden, die in der Europäischen Richtlinie 2001/18 / EG über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt gemäß Anhang 1B geregelt sind.


Akademien in Deutschland
Die Nationale Akademie der Wissenschaften - Leopoldina, die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften – acatech und die Union der deutschen Akademien der Wissenschaft stellen in einem Positionsapier fest, dass einige neue molekulargenetische Methoden von den nicht regulierten, als konventionelle Züchtung geltenden Verfahren im Ergebnis kaum oder gar nicht mehr zu unterscheiden sind. Zudem könnten mit herkömmlichen Züchtungsmethoden ähnliche Pflanzen, allerdings mit sehr geringer Effizienz und großer zeitlicher Verzögerung, erzeugt werden. DieAkademien empfehlen daher ebenfalls, für die Risikobewertung zukünftig vor allem auf die spezifischen Eigenschaften neuer Pflanzensorten und nicht auf den Prozess ihrer Erzeugung abzustellen .


Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin – VBIO
Der deutsche Biologenverband - Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin - VBIO  hat gemeinsam mit dem Wissenschaftlerkreis Grüne Gentechnik (WGG) und weiteren seiner Fachgesellschaften aus den Bereichen Botanik, Molekularbiologie und Biotechnologie, ein pragmatisches, dreistufiges Entscheidungsmodell vorgeschlagen: Enthält eine editierte Pflanze kein fremdes genetisches Material und ist deswegen nicht von zufälligen, natürlichen Mutationen unterscheidbar, sollen sie nicht unter das Gentechnikgesetz fallen.

Das Konzept des VBIO und seiner Fachgesellschaften – wie auch eine Vielzahl weiterer Empfehlungen wissenschaftlicher Beratungsgremien und Organisationen – orientiert sich in erster Linie am fertigen Produkt, das mit Hilfe des Genome Editing erzeugt wurde. Das heißt, in Hinblick auf § 3 des geltenden deutschen Gentechnikgesetzes ist ausschlaggebend, ob die mit den neuen Methoden erzeugte Veränderung auf natürliche Weise hätte entstehen können.

 

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Diese Inhalte wurden erstellt in Kooperation mit unserer Mitgliedsgesellschaft WGG (Wissenschaftlerkreis Grüne Gentechnik e. V.).
Stand: März 2018