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Weiterentwicklung des Nachhaltigkeitsbeirates

Der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung sollte in der Geschäftsordnung des Bundestages formell verankert und zugleich zu einem ständigen Ausschuss aufgewertet werden. Diese Auffassung vertrat Michael Rose, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsbereich Governance, Partizipation und Nachhaltige Entwicklung der Fakultät für Nachhaltigkeit an der Leuphana Universität Lüneburg am 24.05.2023 während einer öffentlichen Sitzung des Beirats zum Thema der Weiterentwicklung des Gremiums. Dass ausgerechnet ein Nachhaltigkeitsausschuss nicht auf Dauer institutionalisiert werde, sondern immer wieder neu eingesetzt werden müsse, sei nur schwer zu vermitteln, sagte er.

Die Arbeitsschwerpunkte des Gremiums sollten einerseits erhalten und andererseits erweitert werden, befand er. Erhalten bleiben sollte aus seiner Sicht die parlamentarische Begleitung der Nachhaltigkeitspolitik der Bundesregierung auf nationaler und internationaler Ebene sowie die eigenständige Befassung mit nachhaltigkeitsrelevanten Schwerpunkten. Darüber hinaus sollte es dem Ausschuss als Teil der Legislative zukünftig ermöglicht werden, selbst Vorhaben der Bundesregierung parlamentarisch materiell zu begleiten oder Vorhaben zu initiieren. „Im Bereich der Nachhaltigkeitspolitik im engeren Sinne als federführender Ausschuss und in anderen Bereichen auf eigene Initiative im Einvernehmen mit einem Fachausschuss, der die Federführung übernimmt“, erläuterte Rose. Alle Vorhaben sollten erkennbar dem Ziel einer nachhaltigen Entwicklung dienen „und im Sinne der konsens- und langfristorientierten Arbeitsweise des Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung neben Regierungs- möglichst auch Oppositionsparteien einbinden“.

Die Nachhaltigkeitsprüfungsbewertung, so regte der Politikwissenschaftler an, sollte um eine materielle Komponente erweitert werden. Während die formale Bewertung der Nachhaltigkeitsprüfung für jedes Vorhaben verpflichtend sei, sollte der Ausschuss das Recht bekommen, unabhängig vom Ausgang der formalen Prüfung eigeninitiativ selbst eine materielle Prüfung des Regierungsvorhabens vorzunehmen, um sowohl das federführende Ministerium als auch den federführenden Ausschuss auf mögliche Unterschiede in den Bewertungen hinzuweisen und dem federführenden Ausschluss gegebenenfalls Änderungsvorschläge zum Vorhaben zu unterbreiten. Für all dies, wie auch für die stärkere Einbindung der Öffentlichkeit, brauche das Gremium ein eigenständiges Budget für angewandte Forschung und Öffentlichkeitsarbeit sowie personelle Ressourcen für ein permanentes wissenschaftliches Sekretariat.

Roses institutionellen Änderungsvorschläge stießen auf Zustimmung bei Imme Scholz, der ehemaligen stellvertretenden Vorsitzende des Rats für Nachhaltige Entwicklung. Relevant sei für sie das Selbstverständnis des Beirats als ein konsensorientiertes Gremium, „das versucht, demokratische Einigkeit über die Notwendigkeit und die Richtung der Transformation herzustellen“. Es gehe schließlich um eine ziemlich grundlegende Transformation, wenn man sich bewusst mache, dass das gegenwärtige Organisationsmodell von Produktion die natürlichen Lebengrundlagen systematisch in Frage stelle, sagte sie. Die Umorganisation, ohne soziale Verwerfungen, brauche Zeit und einen Konsens der demokratischen Kräfte im Parlament. Dieses Selbstverständnis müsse bewahrt werden, „wenn es gelingt, den Beirat in einen ständigen Ausschuss umzuwandeln“.

Selbst wenn letzteres nicht gelingt, so müsse doch Sorge dafür getragen werden, dass die Transformationsprozesse legislaturübergreifend fortgesetzt werden, sagte die Sozialwissenschaftlerin. Hier könne der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung einen Beitrag leisten, in dem er Berichts- und Rechenschaftspflichtigkeit verstärkt nutzt, um beispielsweise die Nachhaltigkeitswirkung öffentlicher Budgets zu bewerten. Der Beirat könne ein eigenes Raster entwickeln, um systemische Politik zu erkennen und Hindernisse für die Transformation zu identifizieren. So könnten im Parlament Lernprozesse losgetreten werden aber auch durch öffentliche Formate die gesellschaftlichen Akteure mitgenommen werden. Ganz wichtig, so Scholz, sei die Kooperation mit anderen Fachausschüssen, um der Gefahr einer „Bubble“ zu begegnen, in der sich alle einig sind, „in der man aber auf die eigentlich relevanten Politikfelder und die dortigen Entscheidungsprozesse keinen Einfluss hat“.

Parlamentarischer Beirat für nachhaltige Entwicklung, hib