Mit einem Impulspapier für die 20. Legislaturperiode des Deutschen Bundestags hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) die aus ihrer Sicht wichtigsten Handlungsfelder und -empfehlungen formuliert, damit Wissenschaft auch künftig die Schlüsselrolle bei der Bewältigung zentraler Herausforderungen einnehmen kann. „Erkenntnisgeleitete Forschung stärken, von Wissensspeichern profitieren“ lautet der Titel des Papiers, das die größte Forschungsförderorganisation und zentrale Einrichtung für die wissenschaftliche Selbstverwaltung in Deutschland mit Blick auf den beginnenden Bundestagswahlkampf an politische Akteure adressiert hat und das nun auch im Internetangebot der DFG veröffentlicht worden ist.
„Politische und gesellschaftliche Herausforderungen wie die Coronavirus-Pandemie verdeutlichen, dass wissenschaftliche Lösungen mitunter sehr schnell und dann umso dringender gebraucht werden. Die Entwicklung akut benötigter wissenschaftlicher Lösungen hängt jedoch entscheidend von einer frühzeitigen und zweckfreien Forschungsförderung ab“, heißt es einleitend in dem Papier. „Nötig ist daher mehr denn je eine weitsichtige Forschungspolitik, die Freiräume für wissenschaftsgeleitete Entscheidungen ermöglicht und flexibles Handeln unterstützt.“ Für die dafür wiederum notwendigen politischen Weichenstellungen in der bevorstehenden Legislaturperiode gibt das Papier nachfolgend 13 Impulse auf mehreren großen Handlungsfeldern.
Von zentraler Bedeutung ist aus Sicht der DFG auch in den kommenden Jahren die Stärkung der erkenntnisgeleiteten Forschung in Deutschland durch eine entsprechende Finanzierung und Förderung. Hierzu bedarf es auch trotz Neuverschuldung und sinkender Steuereinnahmen im Zuge der Coronavirus-Pandemie langfristiger Investitionen in Wissenschaft und eines klaren politischen Bekenntnisses in die kontinuierlichen Budgetzuwächse und finanzielle Planungssicherheit für die Wissenschaftsorganisationen im Rahmen des Paktes für Forschung und Innovation (PFI). Die erkenntnisgeleitete Forschung soll dabei auch weiterhin in ihrer gesamten thematischen Breite finanziert und gefördert werden. An den Hochschulen soll vor allem die Verbesserung der finanziellen Rahmenbedingungen in der kommenden zweiten Förderperiode der Exzellenzstrategie, auch und gerade im Sinne fairer Teilhabe- und Förderchancen von Neuanträgen, und bei der Programmpauschale für noch größere Wettbewerbsfähigkeit im weltweiten Wettbewerb sorgen.
Gleich mehrere Impulse der DFG nehmen die tief greifenden Veränderungsprozesse in den Wissenschaften und ihren Infrastrukturen in den Blick, allen voran den digitalen Wandel. Dieser soll in den kommenden Jahren unter anderem durch den Auf- und Ausbau „digitaler Expertise“ in allen Fächern und Disziplinen und die Entwicklung und Stärkung attraktiver digitaler Berufsbilder und Karrierewege weiter vorangebracht und genutzt werden. Auf dem in seiner Bedeutung weiter stark steigenden Feld der Forschungsdaten soll das Forschungsdatenmanagement langfristig tragfähig gestaltet werden. Hierzu ist für die DFG vor allem die dauerhafte Förderung der gerade aufgebauten Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) und ihre Überführung von der jetzigen Projekt- in eine stabile und langlebige Infrastruktur unerlässlich.
Das Publikationswesen soll durch einen weiteren Ausbau des Open Access und entsprechender Finanzierungsstrukturen sowie eine verlässliche und praxistaugliche Urheberrechtsgesetzgebung wissenschaftsfreundlich ausgestaltet werden. Von zunehmender Bedeutung sind aus DFG-Sicht in diesem Kontext auch die nationale Absicherung der Basisinfrastrukturen für wissenschaftliche Publikationen und nicht zuletzt eine Regulierung des zunehmenden globalen Datentrackings in der Wissenschaft. Durch eine Erhöhung der Finanzansätze und die Einbeziehung von Betriebskosten in die Forschungsförderung sollen schließlich auch wissenschaftliche Forschungsgroßgeräte und gerätebezogene Forschungsinfrastrukturen bedarfsgerecht finanziert werden.
Ebenfalls mehrere Impulse gelten der Stärkung der Universitätsmedizin in Deutschland, um die Fortschritte in der Medizin und in der translationalen Forschung noch besser nutzen zu können. Wichtige Weichenstellungen sind hier etwa die langfristige Finanzierung der passgenauen Programme für Clinician Scientists und Avanced Clinician Scientists, die verstärkte Förderung akademisch initiierter klinischer Studien und die Etablierung von Translations-Hubs und -Netzwerken in der Universitätsmedizin.
In zwei weiteren Impulsen spricht sich die DFG schließlich zum einen dafür aus, die Chancen der neuen Züchtungstechniken für eine zukunftsfähige Landwirtschaft zu nutzen, wofür es neben einem stärkeren Dialog von Politik, Wissenschaft und Gesellschaft im Bereich der Pflanzenzüchtung auch der zeitgemäßen Novellierung des europäischen Gentechnikrechts bedarf. Ebenfalls auf europäischer Ebene sollen zum anderen einheitliche und vereinfachte Verfahren für die nicht kommerzielle Forschung an genetischen Ressourcen erarbeitet werden.
Über diese Weichenstellungen bei den finanziellen, strukturellen, fachlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen für die Wissenschaft und die erkenntnisgeleitete Forschung und Forschungsförderung in Deutschland hinaus ist es für die DFG eine der zentralen politischen Aufgaben in der kommenden Legislaturperiode, die Grundlagen für die wissenschaftliche Zusammenarbeit international zu sichern und zu stärken. Wichtige Elemente hierfür sind die Entwicklung einer ressortübergreifenden kohärenten Strategie für eine Science Diplomacy, die Stärkung des Europäischen Forschungsraums (EFR) und der europäischen Forschungspartner für Deutschland sowie eine konsequente Unterstützung der Wissenschaftsfreiheit gegen nationalpopulistische oder autoritäre Macht- und Wahrheitsansprüche weltweit.
DFG
Das Papier „Erkenntnisgeleitete Forschung stärken, von Wissensspeichern profitieren“ finden sie unter: