„Auch wenn wir noch nicht sicher sagen können, ob es sich tatsächlich um eine feste Partnerschaft handelt, könnten wir hier das südamerikanische Gegenstück zur bekannten Zusammenarbeit zwischen Kojoten und Dachsen in Nordamerika beobachten“, erklärt Dr. Isabel Damas-Moreira, Verhaltensökologin an der Fakultät für Biologie der Universität Bielefeld und Letztautorin der Studie. Solche Kooperationen seien besonders faszinierend, „weil sie zeigen, dass sich Beziehungen auch zwischen nicht verwandten Arten entwickeln können“.
Ursprünglich wollten die Forschenden mit Kamerafallen das Verhalten von Vögeln dokumentieren. Dabei stießen sie auf Videoaufnahmen, die einen Ozelot und ein Opossum zeigen, wie sie Seite an Seite umherziehen – ohne jegliche Anzeichen von Aggression, Angst oder Jagdverhalten. Nach Rücksprache mit weiteren Forschenden fanden sie zusätzliche Hinweise auf dieselbe Verbindung – über vier verschiedene Regionen im peruanischen Amazonas hinweg und über mehrere Jahre verteilt. In allen Fällen scheint das Opossum die Führung zu übernehmen, während der Ozelot dicht folgt. Zusätzliche Feldexperimente ergaben zudem, dass Opossums eine deutliche Anziehung zum Geruch von Ozelots zeigen – sie reiben sich häufig an dessen Duftmarken, während sie andere Gerüche, etwa von Pumas, ignorieren. Dies deutet auf eine gezielte Hinwendung zu Ozelots hin.
Gegenseitiger Nutzen statt Jagdinstinkt
Die Forschenden vermuten hinter dieser ungewöhnlichen Verbindung einen gegenseitigen Nutzen – immerhin könnte der Ozelot ein Opossum problemlos reißen. Opossums könnten vom schützenden Beisein des Ozelots profitieren, während der Ozelot durch die besonderen Eigenschaften des Opossums bei der Nahrungssuche unterstützt wird – etwa durch dessen Resistenz gegenüber dem Gift von Vipern. Auch eine Art chemische Tarnung durch die Vermischung ihrer Gerüche ist denkbar.
Die Entdeckung ist zweifellos bedeutend für die Wissenschaft: Sie eröffnet neue Perspektiven auf das Sozialverhalten von Tieren und zeigt, wie viel im Ökosystem Regenwald noch unbekannt ist. „Diese Entdeckung war ein Zufall. Sie erinnert uns daran, wie wichtig genaues Beobachten ist – denn die Natur ist oft komplexer, als wir denken“, sagt Damas-Moreira.
Universität Bielefeld
Originalpublikation:
Ettore Camerlenghi, Dumas Gálvez, Christopher Ketola, Angelo Piga, Nadine Holmes, José Luis Mena, Mathias W. Tobler, Fortunato Rayan, Isabel Damas-Moreira: Beyond predator and prey: first evidence of an association between ocelot and opossum individuals. Ecosphere. https://doi.org/10.1002/ecs2.70322