Die Zahl der durch den Menschen in neue Regionen verbrachten Pflanzenarten hat als Folge der Globalisierung stark zugenommen. Manche Pflanzen haben gravierende Auswirkungen auf die heimische Biodiversität, die Landwirtschaft und auf die menschliche Gesundheit. Zu letzteren gehört das Ragweed, eine aus Nord-Amerika stammende Pflanze, die bei vielen Menschen Heuschnupfen auslöst und gerade jetzt im Spätsommer blüht und ihre Pollen entlässt.
"Wir haben mit einer Zunahme an gebietsfremden Pflanzenarten gerechnet, waren aber von den Ergebnissen selbst sehr überrascht", so Franz Essl, dessen Team vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien über die letzten Jahre an der Aktualisierung der Checkliste gearbeitet hat. Er ergänzt: "Ein solch massiver Anstieg zeigt, dass der Zustrom gebietsfremder Arten nach Österreich sich nochmals beschleunigt hat."
Ein wachsender Teil der Flora ist gebietsfremd
Die neue Checkliste verzeichnet inzwischen über 1.600 gebietsfremde Pflanzen für Österreich; insgesamt ist das fast die Hälfte der heimischen österreichischen Pflanzen. Unter den Neuzugängen finden sich großteils bewusst eingeführte Pflanzen wie Zierpflanzen aber auch Arten, die unbeabsichtigt eingeschleppt wurden (z.B. mit verunreinigtem Saatgut). Der Rundblättrige Baumwürger wurde beispielsweise 2003 erstmals in Österreich nachgewiesen und gilt mittlerweile wegen seiner Schäden als invasive Art von europaweiter Bedeutung.
Erhebliche und rasch zunehmende Folgen
Manche gebietsfremde Pflanzenarten haben gravierende negative Auswirkungen auf Natur und Gesellschaft und gelten als invasiv. Auch wenn die Folgen nicht für alle Arten bekannt sind, so ist offensichtlich, dass mit der rasanten Ausbreitung vieler gebietsfremder Arten die negativen Folgen ebenfalls stark zunehmen. "So ist auffällig, dass immergrüne Gehölze wie die Hanfpalme oder auch der Kirschlorbeer sich zunehmend ausbreiten, da sie die milderen Winter, eine Folge des Klimawandels, besser überstehen", erläutert Franz Essl. Und Michael Glaser, der Erstautor der Studie, ergänzt: "Die Erdmandel ist im letzten Jahrzehnt in der Südsteiermark im Mais- und Kürbisanbau zu einem schwer bekämpfbaren Unkraut geworden". Sind invasive Pflanzuen einmal weiträumig verbreitet, wird deren Bekämpfung sehr schwierig, da sie dann nur mit großem Aufwand oder gar nicht mehr zurückgedrängt werden können.
"Wir wissen noch nicht bei allen Arten, wie bzw. wo sie Probleme verursachen werden", so Essl. "Das macht den Umgang mit ihnen besonders schwierig – manche Arten bleiben unauffällig und entwickeln sich erst nach Jahrzehnten zu Problemarten". So etwa der Stechapfel, der seit dem 16. Jahrhundert in Österreich vorkommt, aber erst seit dem späten 20. Jahrhundert durch die hochgiftige Verunreinigung der Sojaernte zur Problemart wurde.
Klimawandel fördert die Ausbreitung gebietsfremder Pflanzenarten
Die als Folge des Klimawandels um durchschnittlich 3,1 Grad gestiegenen Temperaturen der letzten Jahrzehnte ermöglichen es vielen wärmeliebenden Arten, sich in Österreich dauerhaft anzusiedeln. Milde Winter, längere Vegetationsperioden und mehr Extremwetterereignisse begünstigen diesen Prozess. "Mittlerweile ist das Klima stellenweise warm genug, dass sich auch zwei Kakteenarten, die eigentlich aus Mexiko stammen, bei uns etablieren können", veranschaulicht Glaser. Durch die zunehmende globale Vernetzung gelangen Pflanzen immer häufiger in neue Regionen und oftmals viel weiter, als sie es auf natürlichem Weg schaffen würden.
Handlungsbedarf für Forschung und Politik
Die neue Checkliste dient nicht nur als wissenschaftliche Bestandsaufnahme, sondern auch als Grundlage für Naturschutz, Landwirtschaft und Politik. "Frühzeitiges Handeln ist entscheidend", betont Glaser: "Je schneller wir problematische Arten erkennen und Gegenmaßnahmen ergreifen, desto größer sind die Chancen, gravierende Schäden zu vermeiden". Daher ist es wichtig, dass Österreich die EU-Verordnung zu invasiven Arten ambitioniert umsetzt und bei neu auftretenden problematischen Arten rasch handelt – nur so können schwerwiegende Schäden verhindert werden.
Universität Wien
Originalpublikation:
Glaser M, Gilli C, Griebl N, Hohla M, Pflugbeil G, Stöhr O, Pilsl P., Ehrendorfer-Schratt L, Niklfeld H, Walter J, Pagitz K & Essl F. Checklist of Austrian neophytes (2nd edition). In Preslia: 97: 413–539. DOI: 10.23855/preslia.2025.413, https://www.preslia.cz/article/11584