Pflanzen spielen eine entscheidende Rolle dabei, einen Teil des überschüssigen CO2 aus der Luft zu binden, das durch von Menschen erzeugte Emissionen in die Atmosphäre gelangt, denn durch die zunehmende Verfügbarkeit von CO2 in der Atmosphäre wird die Photosynthese der Pflanzen verbessert. Dieser sogenannte CO2-Düngeeffekt könnte daher den Klimawandel dämpfen, indem er CO2 aus der Atmosphäre entfernt. Ob dieses Phänomen auch in den kommenden Jahrzehnten bestehen bleibt, ist jedoch unklar. Insbesondere die zeitliche Entwicklung des CO2-Düngeeffekts in der jüngeren Vergangenheit wurde noch nicht umfassend untersucht. In einer neuen internationalen Studie mit Augsburger Beteiligung, die in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht wurde, stellten die Autorinnen und Autoren nun fest, dass der aus Satellitenbeobachtungen abgeleitete CO2-Düngeeffekt seit den 1980er-Jahren weltweit abnimmt.
Basierend auf neuartigen und langzeitlichen satelliten-gestützten indirekten Messungen der globalen Pflanzenphotosynthese (z.B. Messung der Intensität sonneninduzierter Fluoreszenz von Vegetation – ein Nebenprodukt der Photosynthese), stellt das Forscherteam fest, dass der globale CO2-Düngeeffekt in den letzten vier Jahrzehnten unerwartet stark um etwa 30 Prozent abgenommen hat. Zudem zeigt die Studie, dass Simulationen mit Klimamodellen zwar auch solche globalen Abnahmen des CO2-Düngungseffekts zeigen, die Stärke dieses rückläufigen Trends aber deutlich unterschätzen.
Die Gründe für einen Rückgang des CO2-Düngungseffekts sind schwer zu erfassen. Eine limitierte Verfügbarkeit von weiteren elementaren Nährstoffen oder Wasser könnte eine mögliche Erklärung dafür liefern, dass sich der CO2-Düngeeffekt verringert. Folglich stellen die Forscherinnen und Forscher fest, dass die Nährstoffkonzentration der Pflanzen in den Blättern seit den 1990er-Jahren parallel zum CO2-Düngeeffekt abgenommen hat.
Auch für die Hypothese der Wasserknappheit findet die Studie Hinweise und zeigt für bestimmte Regionen einen parallelen Trend: Die Photosynthese wird empfindlicher gegenüber der Wasserverfügbarkeit und der CO2-Düngeeffekt schwächt sich ab.
„Trotz der zunehmenden Kohlenstoffaufnahme aus der Vegetation in den letzten Jahrzehnten liefern wir robuste und konsistente Ergebnisse dafür, dass der positive CO2-Düngeeffekt auf Pflanzenwachstum in den letzten Jahrzehnten zurückgegangen ist. Dieser Rückgang könnte eine sich abzeichnende Sättigung der Kohlenstoffaufnahme in der Vegetation bedeuten, die auch wichtige Auswirkungen auf die Potenziale landgestützter Minderungsstrategien (z.B. das Aufforsten von Wäldern) hat“, erklärt Prof. Yongguang Zhang, Forscher an der Universität Nanjing, China, und einer der Leadautoren der Studie.
„Pflanzen brauchen ein ausgewogenes Verhältnis von CO2, Wasser und anderen wichtigen Nährstoffen, um zu wachsen. Wenn die Verfügbarkeit von Wasser und Nährstoffen nicht parallel zum Anstieg der atmosphärischen CO2-Konzentrationen zunimmt, können Pflanzen die erhöhte Verfügbarkeit dieses Gases nicht nutzen. Die daraus resultierende Abnahme der Kohlenstoffaufnahme der Vegetation erhöht die Abhängigkeit der Gesellschaft von künftigen Strategien zur Minderung der Treibhausgasemissionen“, erläutert der Augsburger Geograph und Co-Autor der Studie Daniel Goll.
Dass Wälder und Böden Kohlenstoff aus der Luft aufnehmen wird als landbasierende Kohlenstoffsenke bezeichnet. Die Studienergebnisse zeigen, dass sich diese abschwächt, da sie maßgeblich durch den CO2-Düngeeffekt getrieben wird. Für Prof. Dr. Wolfgang Buermann, Lehrstuhlinhaber für Physische Geographie mit Schwerpunkt Klimaforschung, ergibt sich aus der Studie, an der er selbst nicht beteiligt war, noch eine weitere Konsequenz. „Diese wichtigen neuen Ergebnisse müssen auch in der Abschätzung des verbleibenden Budgets der Kohlenstoffemmissionen, das eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1.5 bzw. 2.0 C ermöglicht, berücksichtigt werden.“
(Universität Augsburg)
Originalpublikation:
Songhan Wang et al.: Recent global decline of CO2 fertilization effects on vegetation photosynthesis. Science; DOI: 10.1126/science.abb7772