Für Studierende ist die Veröffentlichung des Vorlesungsverzeichnisses jedes Semester ein aufregender Augenblick. Welche neuen Kurse werden in dem ausgewählten Fachbereich angeboten? Welche neuen Themen und wissenschaftliche Methoden werden vermittelt? Was Studierenden ihren individuellen Bildungsweg ermöglicht, ist für die Hochschulforschung ein spannender Forschungsgegenstand und für Hochschulen ein interessanter Datenpool für die eigene Hochschulentwicklung.
Bislang wurde dieser Datenfundus jedoch nicht systematisch erfasst und analysiert. Der Stifterverband sammelt und strukturiert nun die Daten zu den Veranstaltungen aus den Vorlesungsverzeichnissen und schafft mit dem Forschungsprojekt Higher Education Explorer, kurz HEX, eine neue Datenbasis. Anhand des Datenpools lassen sich Entwicklungen rund um die Hochschullehre aufzeigen und entdecken. Die Möglichkeiten hierbei sind vielfältig: vom Überblick über Lehr-Profile, die Entwicklung der Kurse nach Fachbereichen und Veranstaltungsformaten bis hin zur Identifikation neuer Lehrthemen. In der derzeitigen Beta-Version sind bereits die Daten von 20 Universitäten aufbereitet, an denen ein Viertel aller Studierenden, etwa 650.000 Personen, eingeschrieben sind. Zusammengenommen umfasst die Datenbank aktuell die Daten von mehr als zwei Millionen Veranstaltungen.
Die Universitäten in der Datenbank erhalten individuelle Auswertungen der Daten, um schnell einen umfassenden Blick auf ihr Lehrangebot zu erhalten und datenbasierte Entscheidungen in Lehre und Studium treffen zu können. Mit dem HEX haben sie die Möglichkeit, die eigene Strategie zu prüfen, Standortvorteile hervorzuheben oder frühzeitig Entwicklungen in der Lehre anzustoßen. Gleichzeitig werden Analysen über die allgemeine Entwicklung des Lehrangebots in Deutschland erstellt und für alle Interessierten zur Verfügung gestellt. Um einen möglichst großen Mehrwert und eine Wirkung für die Praxis der Hochschulentwicklung aus der Datenbasis zu schaffen, lädt der Stifterverband insbesondere Vizepräsidentinnen und -präsidenten im Themenbereich Studium und Lehre sowie Stabstellen für Hochschulentwicklung über die individuellen Auswertungen zum Austausch und zur Weiterentwicklung des HEX ein.
Volker Meyer-Guckel, Generalsekretär des Stifterverbandes, sagt zu HEX: „Wir diskutieren seit Jahren, welche Lehrinhalte und Schlüsselqualifikationen an Hochschulen vermittelt werden sollen. Denn durch Digitalisierung und KI sind die Anforderungen der Arbeitswelt im stetigen Wandel. Dieser gesellschaftliche Diskurs wird aufgrund einer fehlenden allgemeinen Datenbasis lediglich mit aufwendigen Einzelauswertungen, Fallbeispielen oder anekdotischem Wissen betrachtet. Mit HEX haben wir nun eine neue Möglichkeit Lehr-Profile besser zu überblicken, Trends darin zu identifizieren und Fragen zu stellen. Das hilft nicht nur den einzelnen Hochschulen, sondern auch der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Lehr- und Forschungsstandortes Deutschland.“
Ein Anwendungsbeispiel ist die Analyse von Veranstaltungen, die sich dezidiert mit der Vermittlung technischer Future Skills wie komplexer Datenanalyse oder Robotik beschäftigen. Ihr Anteil steigt von 4,6 Prozent im Studienjahr 2016 auf 6,4 Prozent aller Lehrveranstaltungen im Jahr 2023. „Gerade in Bereichen wie Künstlicher Intelligenz, Robotik oder auch Quantencomputing sind die Entwicklungen in der Forschung rasant. Mit welcher Geschwindigkeit und an welchen Stellen diese Entwicklungen von der Forschung in die Lehre kommen, ist für den Lehr- und Forschungsstandort Deutschland von großer Bedeutung“, führt Horst Nasko, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Heinz Nixdorf Stiftung aus. „Hier bietet die Auswertung von Vorlesungsverzeichnissen großes Potenzial, entsprechende Stellen und Zeitpunkte zu identifizieren und von ihnen zu lernen.“
(Stifterverband)
Call to Action:
Der Stifterverband lädt Expertinnen oder Experten der Hochschulforschung, Wissenschaftsmanagerinnen und Wissenschaftsmanager sowie weitere Interessierte ein, gemeinsam Themen, Trends und strukturelle Voraussetzungen der Lehre zu analysieren. Bringen Sie Ihre Forschungsfragen an den HEX mit ein, entwickeln Sie in Kooperation mit uns die Methodik und Analysemöglichkeiten weiter für ein Mehr an Transparenz in der Hochschulentwicklung und relevanten datengestützten Erkenntnissen für die Hochschulpraxis. Interessierte können mit der Angabe der jeweiligen Expertise an folgende Adresse wenden: hex(at)stifterverband(dot)de
Detailliertere Informationen inklusive eines Methodenberichts zum HEX finden Sie unter: http://www.stifterverband.org/hex