VBIO

Gemeinsam für die Biowissenschaften

Werden Sie Mitglied im VBIO und machen Sie mit!

Wie Muskelstammzellen ihren Zellkern intakt halten, um ihre Regenerationsfähigkeit zu bewahren

Muskelzellen im Gewebsschnitt
Volle Muskelkraft nur mit TAF4A: Ist der Transkriptionsfaktor in Muskelstammzellen aktiv, sind die Zellkerne intakt (oben links), während das Fehlen von TAF4A instabile Zellkerne zur Folge hat (oben rechts). Als Folge davon ist die Regenerationsfähigkeit von Muskeln (untere Zeile) ohne TAF4A (rechts) stark beeinträchtigt. Im Vergleich dazu stellen sich die Muskelzellen im Gewebsschnitt bei Kontrolltieren mit TAF4A regelmäßig und intakt dar. © MPI für Herz- und Lungenforschung

Muskelstammzellen stellen sicher, dass sich während des gesamten Lebens Muskeln nach einer Verletzung wieder regenerieren können. Diese Fähigkeit hängt wesentlich von der Stabilität der Zellen selbst ab. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim haben ein Schlüsselprotein identifiziert, das als Wächter der Muskelstammzellen fungiert. Der Transkriptionsfaktor TAF4A sorgt für die Stabilität des Zellkerns und reguliert das Gleichgewicht zwischen Ruhe- und Regenerationsphase der Muskelstammzellen. Fehlt dieser Faktor, kann der Zellkern instabil werden und sogar zerfallen, was zu einem zufälligen Verlust genetischer Informationen und einer Störung der Selbsterhaltung der Stammzellen führt. Indem der Zellkern intakt bleibt, bleiben die Muskelstammzellen gesund. Sie verharren in einem Ruhezustand, bis sie benötigt werden. So können sie Muskeln nach Verletzungen effektiv regenerieren. Die Studie liefert neue Erkenntnisse über die Homöostase von Muskelstammzellen. Sie könnte dazu beitragen, neurologische Entwicklungsstörungen, degenerative Muskelerkrankungen und die Alterung von Stammzellen besser zu verstehen – und vielleicht eines Tages sogar zu verhindern.

In jeder Muskelfaser schlummern spezialisierte Stammzellen. Diese Muskelstammzellen, auch als Satellitenzellen bekannt, sorgen dafür, dass im Falle einer Verletzung beschädigte Muskelfasern erneuert werden. Um ihr Leben lang funktionsfähig zu bleiben, müssen sie sich sowohl selbst erneuern als auch in einem Ruhezustand verbleiben können, bis sie benötigt werden. Sobald sie aktiviert werden, besteht ihre Aufgabe darin, beschädigtes Gewebe schnell zu reparieren, um die Integrität des Muskels wiederherzustellen.

Wissenschaftler der Abteilung „Entwicklung und Umbau des Herzens“ unter der Leitung von Direktor Thomas Braun am Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim haben nun herausgefunden, dass TAF4A, ein Bestandteil des allgemeinen Transkriptionsapparats, eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung der Integrität und Funktion von Muskelstammzellen spielt.

„TAF4A ist ein Transkriptionsfaktor, der die Expression eines wichtigen Bestandteils des sogenannten NSL-Komplexes steuert. Dieser Komplex ist für die Acetylierung von Lamin A/C und die Stabilität der Kernlamina verantwortlich – einem Stütznetzwerk im Zellkern”, erklärt Angelina Georgieva, Erstautorin der Studie. Die Max-Planck-Forscher fanden heraus, dass in genetisch veränderten Mäusen, bei denen TAF4A in Muskelstammzellen ausgeschaltet war, die Zellen vorzeitig aktiviert wurden und ihr Reservoir schnell erschöpft war. „Bei Tieren ohne TAF4A ist die Ruhe- und Selbsterhaltungsphase der Muskelstammzellen gestört. Dies führt zu einer Erschöpfung des Muskelstammzellpools“, sagt Georgieva. Das Fehlen von TAF4A führte zu DNA-Schäden, missgebildeten Zellkernen und einer stark beeinträchtigten Muskelregeneration nach Verletzungen. Anstelle neuer Muskelfasern bildete sich Narbengewebe.

Mutationen im TAF4A-Gen verursachen bekanntermaßen auch TAF4-bedingte neurologische Entwicklungsstörungen beim Menschen. Die Forscher vermuten nun, dass bei diesen Patienten auch die Skelettmuskulatur betroffen sein könnte, obwohl die Symptome aufgrund der ausgeprägten neurologischen Komplikationen möglicherweise übersehen wurden. Darüber hinaus ist bekannt, dass Mutationen in Lamina-Genen eine Gruppe von Erkrankungen verursachen, die als Laminopathien bezeichnet werden. Dies betrifft Muskeln und andere Organe und steht mit vorzeitiger Alterung und Instabilität des Genoms in Verbindung. Die Max-Planck-Forscher zeigen nun, dass das Fehlen von TAF4A die posttranslationalen Anpassungen von Lamin A/C beeinflusst. Die Folge davon ist ein instabiler Zellkern.

„Letztendlich verhindert TAF4A die Kaskade molekularer Ereignisse, die zu irreversiblen Schäden in Muskelstammzellen führen“, erklärt Prof. Thomas Braun. „Wenn dieser Wächter fehlt, verlieren die Zellen ihre Funktion und die Muskeln ihre Regenerationsfähigkeit.“

Co-Autorin Xuejun Yuan ergänzt: „Die Studie bietet neue Einblicke in die molekularen Mechanismen, welche die für die Muskelregeneration erforderlichen Muskelstammzellen schützen.“ Die Bad Nauheimer Wissenschaftler hoffen, einen vielversprechenden Ausgangspunkt für neue therapeutischer Ansätze zur Behandlung von TAF4-bedingten neurologische Entwicklungsstörungen und altersbedingten Muskeldegeneration gefunden zu haben.

Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung


Originalpublikation:

Georgieva, A.M., Sreenivasan, K., Ding, D. et al. Regulation of NSL by TAF4A is critical for genome stability and quiescence of muscle stem cells. Nat Commun16, 8726 (2025). doi.org/10.1038/s41467-025-64402-1

weitere VBIO News
Korallenriff

Die Welt überschreitet ihren ersten Klimakipppunkt

Weiterlesen

Weniger ist mehr - Versuchstierschutz durch 3R?

Weiterlesen
Conus lugubris, eine Meeresschnecke, die früher ausschließlich an der Nordküste von São Vicente (Kap Verde) vorkam, gilt inzwischen als ausgestorben.

Seit fast 40 Jahren vermisst: Meeresschnecke gilt seit heute als ausgestorben

Weiterlesen