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Pilz des Jahres 2024: Schopf-Tintling

Junge, weißfleischige Exemplare des Schopf-Tintlings
Junge, weißfleischige Exemplare des Schopf-Tintlings sind leckere Speisepilze. | Bild: Gerhard Schuster

Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie hat den Schopf-Tintling zum „Pilz des Jahres 2024“ ernannt. Der häufige Speisepilz ist durch seinen weißen, walzenförmigen Hut mit den abstehenden Schuppen gut erkennbar. Er zehrt von totem organischem Material, erbeutet und verdaut aber auch winzige Fadenwürmer im Boden. Früher wurde aus den zerfließenden Hüten tatsächlich Tinte hergestellt.

Der Schopf-Tintling ist jung ein sehr guter, beliebter Speisepilz und leicht zu bestimmen. Er ist an seinem weißen, walzenförmigen Hut, der mit seinen abstehenden Schuppen wie ein haariger Schopf wirkt, zu erkennen. Geringe Verwechslungsgefahr besteht mit jungen Exemplaren des ungenießbaren Specht-Tintlings sowie mit dem Falten-Tintling. Beide haben eine deutlich andere Hutoberfläche und kein rein weißes Hutfleisch. Andere, seltenere Doppelgänger wachsen auf Mist oder Dung, oder riechen nach Maggi. Der Hut und die Lamellen des Schopf-Tintlings verfärben sich bereits wenige Stunden nach dem Erscheinen des Pilzes rosa, dann schwarz und tropfen als dunkle Flüssigkeit herab.

Der Schopf-Tintling ist innerhalb seiner Gattung der einzige Speisepilz. Die langen, geraden Stiele lösen sich leicht vom Hut und ähneln weißem Spargel. Sein Geruch und Geschmack sind mild und erinnern ebenfalls an weißen Spargel. Viele Pilzliebhaber kennen ihn daher auch unter dem Namen Spargelpilz.

Gesund und lecker

Der Schopf-Tintling ist aber nicht nur lecker, sondern auch gesund. In der fernöstlichen Heilkunde und zunehmend auch bei uns wird er für seine Wirkungen geschätzt: Er reguliert den Blutzuckerspiegel, fördert die Verdauung, stabilisiert das Immunsystem und kann das Wachstum von Tumoren hemmen. Der Schopf-Tintling verdirbt leider sehr schnell. Er wird daher weder auf Märkten angeboten noch als Zuchtpilz kultiviert. Zum Verzehr sind nur frische und weiße Exemplare geeignet. Beginnt sich der Hut von unten rosa zu verfärben, sollten Schopf-Tintlinge nicht mehr verwendet werden.

Tinte aus Pilzen

Aus den zerfließenden Hüten der Tintlinge, daher der Name der Gattung, lässt sich tatsächlich Tinte gewinnen. Bereits vor über 300 Jahren wurde damit geschrieben, Die alten Texte sind erhalten und unter dem Mikroskop sind immer noch die winzigen dunklen Sporen sichtbar. Forschende können anhand der Sporen ermitteln, aus welchen Arten die Tinten hergestellt wurde.

Starkzehrer

Die Bestände der meisten Pilzarten nehmen durch die hohen Nährstoffeinträge der konventionellen Landwirtschaft ab. Der Schopf-Tintling besiedelt hingegen auch stickstoffreiche Wiesen oder Rasenflächen. Er erscheint sogar an geschotterten oder gar geteerten Wegen, mitunter an Stellen, wo frisch gebaggert wurde. Durch den Menschen gestörter Untergrund wird vom Schopf-Tintling eher besiedelt als alte, gewachsene Böden. Schopf-Tintlinge erscheinen nach Regenperioden von Mai bis November an den kuriosesten Stellen, selbst durch Risse der Asphaltdecke oder aus Spalten im Beton wachsen sie heraus.

Fleischfresser

Pilze gehören weder zum Tier- noch zum Pflanzenreich, sondern zu einem eigenem, dem Pilzreich. Da sie keine Fotosynthese betreiben, brauchen sie andere Lebewesen zum Überleben. Je nach Art können sie totes organisches Material zersetzen, an lebenden Organismen parasitieren oder sie tauschen Wasser und Nährstoffe in einer Symbiose mit Pflanzen aus. Der Schopf-Tintling beherrscht noch eine andere Variante des Nahrungserwerbs. So ähnlich wie fleischfressende Pflanzen oder Spinnen fängt er lebende Beute: Er lähmt winzige Fadenwürmer im Boden mit einem Gift, umschließt sie mit seinem Pilzgeflecht, wächst in seine Opfer hinein und verdaut sie.

Deutsche Gesellschaft für Mykologie