„Dieses statistische Werkzeug hat es dringend gebraucht“, erklärt Prof. Jörg Müller, Sprecher der Forschungsgruppe und Inhaber der Professur für Tierökologie mit Schwerpunkt im Bereich der ökologischen Freilandforschung in unseren Breiten am Lehrstuhl für Zoologie III. „Durch menschliche Nutzung kommt es weltweit immer häufiger zur Homogenisierung ganzer Landschaften. Das hat ebenso weitreichende wie unbekannte Folgen. Mithilfe unserer neuen Methode können wir erstmals auswerten, wie sich der Verlust heterogener Landschaften nicht nur auf die Biodiversität auswirkt, sondern auch auf deren Multifunktionalität.“ Ebenso ließen sich Maßnahmen zur Förderung der Artenvielfalt bewerten in Bezug zu den Funktionen der Landschaft – etwa Renaturierungsprojekte, die Einrichtung von Schutzgebieten oder die Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft.“
Von lokalen Ökosystemen zu ganzen Landschaften
Und so funktioniert's: Die neue Statistikmethode setzt die unterschiedliche Biodiversität zwischen einzelnen Ökosystemen einer Landschaft in Zusammenhang zur gesamten Multifunktionalität. Der Begriff „Multifunktionalität“ bezeichnet dabei das Bündel aller Funktionen, die ein Ökosystem gleichzeitig übernimmt. Dazu zerlegt es die Multifunktionalität einer Landschaft in zwei Komponenten – in die Funktionen auf lokaler Ebene und die zwischen verschiedenen Ökosystemen einer Landschaft. So lässt sich die Multifunktionalität in Bezug setzen zur lokalen Biodiversität und zur Biodiversität, die durch die Verschiedenartigkeit der Lebensräume entsteht.
Entwickelt wurde das neue Werkzeug mit dem Namen R Paket MF.beta4 von der DFG-Forschungsgruppe BETA-FOR in Kooperation mit der renommierten Statistikerin und Mathematikerin Anne Chao von der National Tsing Hua University in Taiwan. Mit der Entwicklung hat die Gruppe eines ihrer zentralen Wissenschaftsziele erreicht.
Über die DFG-Forschungsgruppe BETA-FOR
Das DFG-Projekt „Enhancing the structural diversity between patches for improving multidiversity and multifunctionality in production forests“ befasst sich mit dem Zusammenhang von Biodiversität, Ökosystemdienstleistungen und deren Stabilität. In BETA-FOR wird der Einfluss unterschiedlicher Waldmanagement-Praktiken auf die Biodiversität experimentell untersucht. Ein transdisziplinäres Konsortium aus Forschenden der Biologie, Ökologie, Forstwissenschaften, Fernerkundung und Statistik erfasst und analysiert dazu jeweils rund 20 Ökosystemfunktionen und Artengruppen in 11 Wäldern Deutschlands.
Universität Würzburg
Originalpublikation:
Chao, A., Chiu, C.-H., Hu, K.-H., van der Plas, F., Cadotte, M.W., Mitesser, O. et al. (2023) Hill–Chao numbers allow decomposing gamma multifunctionality into alpha and beta components. Ecology Letters, 00, 1–14. Available from: https://doi.org/10.1111/ele.14336