„Wir hatten uns gefragt, wie groß der zeitliche Wandel in der funktionellen Diversität in verschiedenen Regionen der Erde ist und ob eine einfache Erfassung uns die benötigten Informationen liefert. Durch die neuen Zeitreihen von Bildern des Satelliten EnMAP und den Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur Erfassung wurde diese Analyse erstmals ermöglicht“, erklärt Mederer, der am Institut für Erdsystemwissenschaft und Fernerkundung forscht. Um die Biodiversität in einer Region in allen Ausprägungen zu erfassen und zu begreifen, genüge eine einmalige Momentaufnahme nicht. Mit Hilfe der Satellitenbildauswertung und von KI hätten die Forschenden Einblicke in die globalen Biodiversitätsmuster bekommen, die mit den traditionellen Verfahren nicht möglich sind. Die neuen Technologien könnten zwar nicht die etablierten Ansätze ersetzen. Sie seien aber eine wertvolle Ergänzung, um Ökosysteme besser zu verstehen.
Die Wissenschaftler:innen verwendeten KI-Algorithmen, um aus den Satellitenszenen Pflanzenmerkmale abzuleiten. Anhand dieser wurden dann die quantitativen Messwerte für die funktionelle Diversität – also die unterschiedlichen Aufgaben und Eigenschaften von Pflanzen in einem Lebensraum – berechnet. Ihr Ziel: Kartierungen der funktionellen Pflanzenvielfalt so verlässlich wie möglich zu gestalten. Dies sei unter anderem für globale Modelle oder für das Monitoring von Ökosystemen im Zuge des Klimawandels wichtig, da diese Produkte dort als Entscheidungskriterien herangezogen werden können, so Mederer.
„Als nächstes werden wir versuchen, die räumliche Auflösung der EnMAP-Satellitenszenen über einen Bildschärfungsalgorithmus zu verbessern, um auch kleinräumige Unterschiede erfassen zu können. Dann könnten wir auch Veränderungen der funktionellen Pflanzenvielfalt mit noch höherer Genauigkeit darstellen“, betont der Forscher.
Die räumliche Auflösung der Satellitenbilder betrug bislang 30 Meter. Daher beobachteten die Wissenschaftler:innen Veränderungen der funktionellen Diversität auf der Skala einer Landschaft und nicht für einzelne Pflanzen. Außerdem war die Datenverfügbarkeit nicht in allen Teilen der Welt gleich. Die Forschenden konnten unter anderem die Biome Tundra und borealer Nadelwald nicht analysieren, weil nicht genügend EnMAP-Szenen für diese Regionen vorlagen. Auch Wolken, die in vielen Jahreszeiten den Blick auf die Vegetation verdecken, waren nach den Worten Mederers ein Problem. Darüber hinaus bekamen sie keine Aussagen zu den Eigenschaften des Unterwuchses oder zu den Merkmalen, die nicht im Kronendach der Vegetation sichtbar sind.
Universität Leipzig
Originalpublikation:
Mederer, D., Kattenborn, T., Cherif, E. et al. Unraveling the seasonality of functional diversity through remote sensing. Commun Earth Environ6, 790 (2025). doi.org/10.1038/s43247-025-02646-x