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Forscher stellen den weltweit ältesten langhalsigen Meeressaurier vor

Das Fossil des langhalsigen Meeressauriers Trachelosaurus fischeri
Das Fossil des langhalsigen Meeressauriers Trachelosaurus fischeri SMNS, Liliana Reinöhl

Ein historisches Fossil liefert neue Erkenntnisse über die frühe Evolution der Meeresreptilien nach dem größten Massenaussterben vor 252 Millionen Jahren.

Ein internationales Wissenschaftlerteam um Dr. Stephan Spiekman, Dr. Eudald Mujal und Prof. Dr. Rainer Schoch, Paläontologen am Naturkundemuseum Stuttgart, hat das bereits Anfang des 20. Jahrhunderts erstmals beschriebene Fossil des Sauriers Trachelosaurus fischeri neu untersucht. Vergleiche mit neuen Fossilienfunden eines ähnlichen Meeresreptils aus China zeigen, dass Trachelosaurus fischeri der weltweit älteste langhalsige Meeressaurier ist. Die Wissenschaftler haben ihre Forschungsergebnisse zu dem 247 Millionen Jahre alten Fossil aus Sachsen-Anhalt in der Fachzeitschrift „Swiss Journal of Palaeontology“ veröffentlicht.

Trachelosaurus fischeri wurde bereits im 19. Jahrhundert in Schichten des Buntsandsteins (Mittlere Trias) in Bernburg an der Saale entdeckt und kam anschließend in die Sammlung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Das Exemplar befindet sich derzeit als Leihgabe im Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart, wo es von Saurier-Spezialisten erneut untersucht wurde. Trachelosaurus fischeri wurde erstmals 1918 in einer Publikation beschrieben, aber es blieb umstritten, um welche Art von Reptil es sich bei diesem Fossil tatsächlich handelt. Das liegt zum einen an der einzigartigen Anatomie von Trachelosaurus fischeri, zu der eine ungewöhnlich große Anzahl von Wirbeln gehört, und zum anderen an der relativ schlechten Erhaltung des Fossils: Das Skelett ist unvollständig und seine Überreste sind über das gesamte Gestein verstreut, in dem es konserviert wurde.

„Durch die Untersuchung chinesischer Fossilen des langhalsigen Meeressaurier Dinocephalosaurus, deren Ergebnisse ich mit Kolleg*innen erst vor wenigen Wochen veröffentlicht habe, konnten wir auch das Rätsel von Trachelosaurus fischeri lösen. Die Anatomie zeigt uns, dass er eng mit Dinocephalosaurus verwandt ist. Trachelosaurus fischeri ist das erste Fossil dieser Reptiliengruppe, das außerhalb Chinas gefunden wurde. Zugleich ist er der älteste langhalsige Meeressaurier, der bisher bekannt ist“, so Dr. Stephan Spiekman, Experte für diese Tiergruppe am Naturkundemuseum Stuttgart.

Nach dem großen Massenaussterben an der Perm-Trias-Grenze vor 252 Millionen Jahren kam es zu Beginn der Triaszeit zu einer sehr schnellen Diversifizierung neuer Reptilienarten an Land und im Wasser. Darunter waren auch die ersten langhalsigen Meeressaurier. Wie es zu diesen komplexen evolutionsbiologischen Entwicklungen kam, ist ein wichtiger Forschungsgegenstand. Die Wissenschaftler vermuten, dass Trachelosaurus fischeri vor 247 Millionen Jahren in ein Flachwassergebiet geschwemmt wurde, denn auf dem Gestein, in dem das Fossil konserviert ist, sind auch Fußspuren von Landtieren erhalten. Der Fund und seine Neubewertung sind für die Forschenden ein weiteres Puzzlestück zum besseren Verständnis der marinen Ökosysteme zu Beginn der Triaszeit.

Die Geschichte des Fossils zeige auch die Bedeutung der historischen Museums- und Universitätssammlungen für die naturkundliche Forschungsarbeit, betonen die Autoren der Studie. Neue Funde aus verschiedenen Teilen der Welt ermöglichen es den Wissenschaftler*innen regelmäßig, Fossilien neu zu interpretieren, die bereits vor vielen Jahren, manchmal sogar Jahrhunderten, entdeckt wurden und die in den Museen sorgfältig aufbewahrt werden.

Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart


Originalpublikation:

Stephan N. F. Spiekman, Martin D. Ezcurra, Adam Rytel, Wei Wang, Eudald Mujal, Michael Buchwitz and Rainer R. Schoch: A redescription of Trachelosaurus fischeri from the Buntsandstein (Middle Triassic) of Bernburg, Germany: the first European Dinocephalosaurus like marine reptile and its systematic implications for long necked early archosauromorphs. Swiss Journal of Palaeontology. DOI: https://doi.org/10.1186/s13358-024-00309-6